Die Kampfjet-Saga – Teil 2

Eine Wahl mit Turbulenzen

Intransparentes Auswählen, optimistische Kosten­rechnungen, Änderungen von Kriterien in letzter Minute: das Verfahren für die grösste Rüstungs­beschaffung der Schweizer Geschichte, von innen betrachtet. «Die Kampfjet-Saga», Teil 2.

Eine Recherche von Priscilla Imboden (Text) und Alexander Glandien (Animation), 13.01.2022

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Unangreifbar. Sauber. Korrekt. So sollte das Auswahl­verfahren für den neuen Kampfjet der Schweizer Luftwaffe laufen. Beim Verteidigungs­departement VBS hatte man aus dem Gripen-Desaster gelernt: 2014 lehnte die Schweizer Stimm­bevölkerung die Beschaffung des schwedischen Jets nach einem Abstimmungs­kampf voller Intrigen und Skandale ab.

Dieses Mal sollte es anders sein: keine Lecks, keine ausländische Einmischung, keine Uneinigkeit unter den Befürworterinnen, kein undurchsichtiges Lobbying.

Lange sah es aus, als würde diese Strategie aufgehen. Aus dem Evaluations­verfahren drang nichts an die Öffentlichkeit. Die Grundsatz­debatte über Sinn und Unsinn eines Kampf­flugzeugs verstummte nach der äusserst knappen Zustimmung zum Rahmen­kredit für die neuen Jets. Alles blieb ruhig.

Bis zu dem Moment, als der Bundesrat beschloss, den Tarnkappen-Kampfjet F-35 aus den USA zu kaufen.

Kurz vor den Sommer­ferien gab Verteidigungs­ministerin Viola Amherd am 30. Juni bekannt, der Tarnkappen-Jet habe in der Evaluation in den drei Hauptkriterien Wirksamkeit, Produkte­support und Kooperation besonders gut abgeschnitten. Ausserdem, betonte Amherd, sei der F-35 im Kosten­vergleich klar am günstigsten. Gewonnen hat der Jet gegen den ebenfalls amerikanischen F/A-18 Super Hornet, die französische Rafale sowie den Eurofighter, ein Projekt Deutschlands, Gross­britanniens, Italiens und Spaniens.

Die Überraschung über den Entscheid des Bundes­rats war gross. Verblüfft nahm man im In- und Ausland die Behauptung zur Kenntnis, der amerikanische F-35 sei nicht nur der beste, sondern auch der billigste Kampfjet auf dem Markt. Denn das fliegende Technologie­wunder gilt zwar mit seiner Tarnfunktion als eines der besten Militär­flugzeuge weltweit, aber auch als die teuerste US-Kriegs­maschine aller Zeiten.

In Politik- und Militär­kreisen wird seither gerätselt: Wie ist es möglich, dass der F-35 ausgerechnet in der Schweiz billiger betrieben werden soll als überall sonst?

Wie ein Kampfjet billig gerechnet wird

Der Entscheid für den F-35 war das Resultat einer drei­jährigen Evaluation, bei der das Bundes­amt für Rüstung (Arma­suisse) alle eingereichten Flugzeug­typen verglich. Ein äusserst komplexer und verborgener Prozess: Die Daten, die in das Verfahren einflossen, sind militärisch geschützt und unterliegen dem Geschäfts­geheimnis. Nur die wenigen zuständigen Kader des Verteidigungs­departements rund um Air2030-Programm­leiter Peter Winter haben detaillierte Kenntnisse und die gesamte Übersicht.

Einen seltenen Einblick in das Kampfjet-Auswahl­verfahren bieten deshalb Gespräche mit unterlegenen Anbietern aus den USA, Frankreich und Deutschland. Als Mitbewerber erlebten sie die Beschaffung von innen.

Naturgemäss sind die unterlegenen Unternehmen nicht glücklich über die Auswahl des Bundesrats, schliesslich haben sie verloren. Aber ihre Enttäuschung geht über die entgangenen Milliarden hinaus. Sie werfen dem Verteidigungs­departement vor, es habe in der Evaluation mit unter­schiedlichen Ellen gemessen. In Gesprächen mit der Republik – unter Zusicherung der Anonymität – berichten die drei unterlegenen Hersteller von einem «nicht nachvollzieh­baren und intransparenten» Verfahren.

Der Haupt­vorwurf der unterlegenen Anbieter: Es sei nicht möglich, dass der F-35 im Vergleich als billigstes Kampf­flugzeug abschliesse. Die Hersteller aus Europa und den USA erklären: Ihr Angebot sei günstiger gewesen als der nun für den F-35 kommunizierte Kaufpreis von 6,035 Milliarden Franken plus 400 Millionen für die Bewaffnung.

Für die milliarden­teure Rüstungs­beschaffung hat die Arma­suisse zum ersten Mal eine neue Bewertungs­methode gewählt, den «Analytic Hierarchy Process (AHP)». Dabei handelt es sich um eine selten verwendete Prozess­analyse, bei der die Evaluatoren den jeweiligen Flugzeug­typen keine Noten geben, sondern die einzelnen Angebote paarweise miteinander vergleichen.

Die Punktezahl ist relativ. Sie wird so verteilt, dass die Punkte tief liegen, wenn die Angebote ähnlich gut abschneiden, und höher, wenn Differenzen auftreten. Das vergrössert die Abstände zwischen den Flugzeug­typen und soll so die Entscheidung vereinfachen. Die Arma­suisse gibt an, sie habe diese Methode gewählt, weil sie einfacher vermittle, wieso ein Kandidat besser abgeschlossen habe als ein anderer. Expertinnen kritisieren hingegen, die AHP-Methode sei intransparent und wirke verzerrend im Vergleich zu der sonst üblichen Noten­gebung.

Die Armasuisse gibt nicht bekannt, für welche 79 Kriterien genau sie die Punkte vergeben hat. «Das ist eine Blackbox», sagt ein Vertreter der Rüstungs­industrie dazu. «Die genauen Auswertungen und der Kriterien­katalog für die AHP-Methode selbst sind bis heute keinem der Hersteller bekannt.»

Namentlich will sich keiner der Anbieter zitieren lassen, weil sie negative geschäftliche Folgen für ihre Firma und Drohungen gegen ihre Person fürchten. Aber mit ihren übereinstimmenden Aussagen und den Einschätzungen von Armee­insidern lässt sich in sechs Punkten aufzeigen, wie die Beschaffungs­behörde Arma­suisse den US-Tarnkappen­bomber F-35 in ihrer Evaluation billig gerechnet hat.

1. Weniger Flug­stunden gerechnet als für die anderen Anbieter

Das Schweizer Verteidigungs­departement teilte mit, der F-35 müsse dank seiner einfachen Bedienung und weit entwickelten Trainings­simulatoren 20 Prozent weniger geflogen werden als die anderen Flugzeug­typen – nur 140 Stunden pro Flugzeug und Jahr. Allein deshalb könne die Armee mit dem F-35 über die dreissig­jährige Laufzeit rund 2 Milliarden Franken auf den zweit­platzierten Mitbewerber einsparen, resümiert das VBS von Amherd.

Auf diese Berechnung reagieren die unterlegenen Anbieter verblüfft bis ungläubig. Mit diesem «Taschen­spieler­trick» habe das Bundes­amt für Rüstung (Arma­suisse) den F-35 billig gerechnet, ärgert sich einer von ihnen. Es sei bei allen angebotenen Flugzeugen möglich, mehr im Simulator und weniger in der Luft zu fliegen. Die Arma­suisse habe aber in der Offerten­anfrage eine Flug­stunden­zahl von 180 Stunden pro Flugzeug und Jahr vorgegeben. Das Bundes­amt für Rüstung habe sogar auf die Nachfrage, ob man ein optimales, der Realität entsprechendes Angebot machen könne, geantwortet, das sei erst nach der Typen­wahl möglich. Man wolle «Äpfel mit Äpfeln» vergleichen.

Während das VBS also beim F-35 mit 140 Flug­stunden pro Jahr rechnete, ging es bei den anderen Modellen von 180 Flug­stunden aus. Entsprechend fielen die Angebote teurer aus. Obwohl die Anbieter selbst sagen, dass man auch mit ihrem Modell weniger Flugstunden absolvieren kann als die vom VBS vorgegebene Zahl.

Die Armasuisse teilt auf Anfrage mit, der F-35 sei im Betrieb auch ohne die reduzierte Flug­stunden­zahl billiger als die anderen Mitbewerber. Sie rechnet für den amerikanischen Bomber mit Kosten von 55’000 bis 60’000 Franken pro Flugstunde.

Es könne nicht sein, dass die unterlegenen Anbieter teurer seien als das, kommentiert ein Vertreter der unterlegenen Hersteller: «Der F-35 ist bei der Flug­stunden­zahl in allen anderen Ländern der Welt zwei- bis dreimal teurer als die anderen Modelle.» Aussagen aus Hearings der Sicherheits­kommission des US-Repräsentanten­hauses bestätigen diese Schätzung für die US-Flotte.

2. Nur eine fast wirkungs­lose Bewaffnung eingeplant

Die Armasuisse hat angekündigt, pro Flugzeug vorerst nur eine Kurz­strecken­rakete zu kaufen (die Infrarot­lenkwaffe des Typs Sidewinder AIM-9X). Diese Lenkwaffen sind für Luft-Luft-Kämpfe auf kurze Distanz konzipiert. Im Konflikt­fall wäre der spärlich bewaffnete F-35 praktisch wirkungslos.

Früher oder später muss der neue Flieger notwendiger­weise mit zusätzlichen Waffen bestückt werden. Deshalb hat die Arma­suisse auch 400 Millionen Franken für den Kauf von Radar­lenkwaffen mittlerer Reich­weite budgetiert. Die Kosten haben die Verantwortlichen aber nicht im unmittelbaren Kaufpreis, sondern bei den später anfallenden Betriebs­kosten angerechnet.

Die Budgetverschiebung begründete das VBS mit dem Argument, die Armee verfüge für die erste Zeit noch über einsatz­fähige Waffen für den neuen Kampfjet. Ein willkommener Zufall. Denn ohne diese Budget­verschiebung würde der Kaufpreis des F-35 den 6-Milliarden-Rahmen­kredit sprengen, wie frühere Recherchen von SRF zeigten. Unterlegene Anbieter geben an, ihr Angebot mit vollständiger Bewaffnung sei sogar leicht unter dem Beschaffungs­preis des F-35 mitsamt Mittelstrecken­lenkwaffen gelegen.

3. Infrastruktur­kosten viel zu tief geschätzt

Bei der Anschaffung neuer Kampf­flugzeuge muss die Armee ihre Infrastruktur anpassen: Flug- und Lande­pisten müssen erneuert und Flugzeug­hangars umgebaut werden.

Die Armasuisse rechnete für diese Investitionen für alle evaluierten Kampfjet­flotten je mit 100 Millionen Franken. «Als wir das sahen, haben bei uns die Warn­lampen rot geleuchtet», sagt ein Vertreter eines der unterlegenen Hersteller. Denn Erfahrungen aus anderen Ländern wie den USA, Australien, dem Vereinigten Königreich und Norwegen zeigen, dass der F-35 auch wegen zusätzlicher US-Sicherheits­vorgaben ausser­planmässige Investitionen erfordert, die um ein Vielfaches höher liegen als von der Arma­suisse prognostiziert.

4. In der Offerte waren keine Upgrades enthalten

Moderne Kampf­flugzeuge sind fliegende Super­computer. Und wie ein Laptop oder ein Smartphone müssen auch sie regelmässig technologisch auf den neuesten Stand gebracht werden. Die Upgrades waren nicht in der Offerten­anfrage enthalten. Der Bundesrat hat dazu in seiner Botschaft zum Rahmen­­kredit geschrieben, es sei schwierig, diese Kosten «zuverlässig» voraus­zusagen. Aber auch bei den Upgrades lässt sich für den noch nicht ausgereiften US-Tarnkappen­bomber F-35 generell sagen: Das Kosten­risiko dürfte um einiges höher liegen als bei den anderen Flugzeugen, die schon lange in Betrieb sind.

5. Lärmschutz war nicht budgetiert

Der Bundesrat hatte in seiner Botschaft zum Rahmen­kredit angekündigt, die Resultate der Fluglärm­messungen während der Flugtests zu veröffentlichen. Für die Militär­flug­plätze Payerne, Emmen und Meiringen sind die Messungen relevant, um einzuschätzen, wie teuer die Lärm­schutz­investitionen ausfallen werden. Doch bis heute liegen dazu noch keine Daten der Arma­suisse vor.

Das VBS gibt die Lärm­messungen der unterschiedlichen Flugzeug­typen nicht bekannt, hat aber inzwischen kommuniziert, der F-35 sei doppelt so laut wie die heutigen F/A-18-Flugzeuge der Schweizer Luftwaffe. Über die Zeit sei die Lärm­belastung aber gleich hoch wie beim alten Jet, da der F-35 nur halb so oft starten und landen werde wie die heutigen Kampf­flugzeuge der Luftwaffe. Für Anwohnerinnen kann der laute Start des F-35 sehr belastend sein, wie Erfahrungen in Norwegen und in den USA zeigen. Stand heute sind aber keine zusätzlichen Lärm­schutz­investitionen geplant.

6. Extrem tiefer Risiko­zuschlag berechnet

Bei technisch komplexen Maschinen kann es vorkommen, dass trotz dutzend­facher Testung unerwartete Probleme auftreten, die zusätzliche Investitionen erfordern. Wie das VBS neulich bekannt gab, rechnet es beim F-35 mit einem Risiko­zuschlag – konkret mit einem Risiko­faktor von 1,4 Prozent. Wie tief diese Schätzung ausfällt, zeigt ein Vergleich: Für den Kauf von Militär­fahrzeugen der Marke Iveco im Jahr 2019 gab das VBS einen Risiko­faktor von 3 Prozent an. Anders als das Hoch­technologie-Kampf­flugzeug F-35 sind die Iveco-Lastwagen jedoch seit Jahr­zehnten im zivilen Gebrauch. Und auch bei früheren Flugzeug­beschaffungen schätzte das VBS um ein Vielfaches konservativer.

Das zeigt: Hätte das VBS die Risiken ähnlich eingeschätzt wie bei bisherigen Rüstungs­beschaffungen, würde der F-35-Kauf das Budget sprengen.

Auf Anfrage erklärt die Arma­suisse den niedrigen Risiko­faktor für den F-35 damit, dass der Hersteller die Flugzeuge nach denselben Standards und Verfahren fertige, mit denen über 3000 Flugzeuge hergestellt werden sollen.

Nur: Der F-35 befindet sich noch gar nicht in der endgültigen seriellen Produktion, weil er die geforderte Leistungs­fähigkeit noch nicht erreicht. Bisher hat Lockheed Martin laut eigenen Angaben erst rund 730 der Flugzeuge hergestellt.

Fazit: Ein höchst umstrittener Entscheid

Bereits heute ist absehbar: Es besteht ein grosses Risiko, dass der F-35 alle vom VBS kommunizierten Budget­berechnungen überschreiten wird. Das ist ein gefundenes Fressen für die Armee­gegner, die den Jet mit einer Initiative verhindern wollen und bereits Unterschriften dafür sammeln. Kommt das Begehren zur Abstimmung, könnte dem VBS nach dem Gripen-Absturz ein zweites Debakel drohen.

Mit seinem Entscheid für den F-35 riskiert das VBS aber nicht nur innen­politisch viel. Es hat mit der intransparenten Beschaffung auch ausländische Regierungen und Unter­nehmen nachhaltig verärgert.

Die Rüstungs­unternehmen berichten, hauptsächlich gegen Ende des Evaluations­prozesses hätten sich die Ungereimtheiten gehäuft. «Am Anfang war alles professionell organisiert», sagt ein Mitarbeiter einer Hersteller­firma. «Am Schluss herrschte aber das totale Chaos.»

Der Wendepunkt sei gekommen, nachdem sich Christian Catrina, Chef Sicherheits­politik des VBS, im April 2020 überraschend in die Früh­pensionierung verabschiedet hatte. Er hielt für Bundes­rätin Viola Amherd die Fäden in der Hand bei der Erneuerung der Luftraum­verteidigung. «Catrina sorgte für Transparenz und den Ausgleich zwischen der politischen Ebene, der Arma­suisse und den Anbietern», erzählt ein Vertreter der unterlegenen Hersteller. Anschliessend habe das niemand mehr getan.

Dass der Evaluationsprozess alles andere als professionell endete, zeigen die Ereignisse in der Schluss­phase. Ende März 2021 lieferte die Armasuisse die geheimen Resultate ihrer Auswertung an Departements­chefin Viola Amherd ab. Danach sei der Evaluations­bericht verfasst worden, wie das VBS mitteilt, was eine «rein redaktionelle Arbeit» gewesen sei, welche «keine Auswirkungen auf die Rangfolge oder den Abstand zwischen den Kandidaten» gehabt habe.

Dass es nicht nur um redaktionelle Arbeit ging, zeigt die Tatsache, dass die Arma­suisse auch Informationen in die Kosten-Nutzen-Analyse des Evaluations­berichts einfliessen liess, die erst Anfang Juni vorlagen.

So verschickte die Arma­suisse Mitte Mai, also eigentlich nach Abschluss der Evaluation, unerwartet einen Zahlungs­plan an alle Anbieter. Darin stand aufgelistet, wann die Schweiz welche Beträge an die Anbieter überweisen würde. Gemäss diesem Zahlungs­plan hätten die Anbieter ihr Geld später gekriegt. Faktisch hätten die Hersteller die Kampf­jets der Schweiz also teilweise vorfinanzieren müssen.

Die Armasuisse begründete diesen Zahlungs­plan damit, dass man in den nächsten Jahren zahlreiche Rüstungs­käufe zu tätigen habe und deshalb eine gestaffelte Finanz­planung machen müsse.

Das wirkte sich auf die Preise in den Offerten der Anbieter aus: Einige Hersteller antworteten Arma­suisse, sie müssten wegen der Zahlungs­aufschübe zusätzliche Finanzierungs­kosten in Rechnung stellen.

Am 7. Juni lieferte Arma­suisse den Evaluations­bericht ab. Drei Wochen später fiel die Entscheidung. Am 30. Juni, am Tag der Typenwahl durch den Bundesrat, informierte Arma­suisse die unterlegenen Kandidaten mit einer knappen E-Mail: Sie erhielten die offizielle Medien­mitteilung und den Link zur Presse­konferenz.

Ganz zu Ende war die Beschaffung damit für die unterlegenen Anbieter aber noch nicht. Zuletzt kam das sogenannte Debriefing-Treffen, eine Art Trost­pflaster für die unterlegenen Rüstungs­firmen und Regierungen, die Millionen in das Auswahl­verfahren investiert haben. Dabei erhalten sie die Gelegenheit, Fragen zu stellen und sich erklären zu lassen, in welchen Bereichen ihr Angebot gut abschnitt und in welchen nicht. Vertreter der Hersteller­firmen, aber auch der Regierungen in Washington, Berlin und Paris nahmen an diesem Debriefing teil. Sie verliessen das Treffen konsterniert.

«Diese letzte Sitzung war nachweislich kein echtes Debriefing», sagt ein Teilnehmer. Die Anwesenden hätten keine Antworten erhalten, weder auf politische noch technische Fragen. «Wir wissen nicht, wie wir bewertet wurden.» Ein weiterer Vertreter einer Rüstungs­firma sagt, sie seien mit einer dürftigen Erklärung abgespeist worden. «So macht man das nicht.»

Der erstaunliche Befund der Schweizer, dass der F-35 der günstigste Kampf­jet sei, hat mittlerweile auch in der Schweiz Misstrauen geweckt. Die Eidgenössische Finanz­kontrolle untersucht derzeit die finanziellen Risiken der Beschaffung. Und die Geschäfts­prüfungs­kommission des National­rats entschied im November, zu untersuchen, ob die Kampfjet­beschaffung «recht­mässig und zweck­mässig» erfolgt sei. Dabei will sie die Kampfjet-Evaluation des VBS überprüfen und auch klären, ob und warum die Arma­suisse die unterlegenen Anbieter beim Debriefing um die Einwilligung bat, sämtliche Daten zu zerstören oder zurück­zugeben, wie SRF und «La Liberté» berichteten (ein Vorwurf, den Arma­suisse dementiert).

Im Februar nehmen die Geschäfts­prüferinnen ihre Arbeit auf. Doch ohne diese Akten wäre eine nachträgliche Untersuchung des Evaluations­prozesses massiv erschwert.


Im dritten und letzten Teil der «Kampfjet-Saga» blickt die Republik ins Ausland und schätzt ein, um wie viel teurer die Rechnung für den F-35 die Schweiz zu stehen kommen könnte.

Zum Update: Absturz vorprogrammiert

Das Anliegen ist berechtigt, die Erfolgschancen aber gleich null. Selbst vonseiten der Friedensbewegung erklingt nun die Forderung: Lasst die Stopp-F-35-Initiative fallen. Hier gehts zum Update.

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Getarnte Kosten