Covid-19-Uhr-Newsletter

Gipfelgstürm

03.12.2020

Teilen

Liebe Leserinnen und Leser

«Alles fahrt Schi, alles fahrt Schi – Schi fahrt die ganzi Nation!» Wer erinnert sich nicht an den Schlager-Hit von Vico Torriani – der es ab den 1960ern Jahr für Jahr in unzählige Schweizer Schulzimmer schaffte?

Doch diesen Winter ist alles anders, vermutlich fährt nicht die ganze Nation – und schon gar nicht die benachbarten Nationen. Die sind nämlich gar nicht glücklich darüber, dass hier die Gondeln fahren.

Vom Ski-Twist zum Ski-Zwist: Wo stehen wir in puncto Corona-Pistenspass?

Die Beliebtheit des heimischen Pistensports hat bei der Schweizer Bevölkerung in den vergangenen Jahren konstant abgenommen: aus finanziellen und familiären Gründen und weil es im Winter wärmere Alternativen gibt. Und dennoch beschäftigt dieser Tage im öffentlich-politischen Diskurs kaum ein Corona-Thema so sehr wie das Skifahren.

Richtig Fahrt aufgenommen hat die Diskussion um die Skigebiete vor rund einer Woche, als die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel vorschlug, dass in ganz Europa – quasi in einem winterlichen Akt der Solidarität – die Skigebiete geschlossen bleiben sollten. Denn Anfang 2020 hatten sich Urlauberinnen im österreichischen Skiort Ischgl an der Grenze zur Schweiz beim Après-Ski gegenseitig angesteckt – und Infektionsketten in ganz Europa losgetreten. Bisher haben rund 6000 Personen aus 45 Nationen berichtet, sich dort im Skiurlaub mit Corona infiziert zu haben.

Während sich Deutschland, Italien und Frankreich grundsätzlich einig sind und ihre Wintersportbetriebe erst nach Neujahr öffnen wollen, stellen sich Österreich und die Schweiz quer. Die beiden Skinationen wollen offen bleiben.

Am vergangenen Montag hatte Gesundheitsminister Alain Berset den Kantonen einen Vorschlag präsentiert, der unter anderem reduzierte Besucherzahlen und frühe Sperrstunden vorsah.

Heute Morgen hat nun der Nationalrat einen Appell an den Bundesrat geschickt: Die bürgerliche Mehrheit des Rats (100:80) will keine schärferen Massnahmen für den Wintersport. Die Erklärung an den Bundesrat war von der Wirtschaftskommission und der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit eingereicht und von SVP, FDP und der Mitte unterstützt worden.

Die SP, die Grünen und die GLP kritisierten das hart. Das bürgerliche Lager würde sich als Retter der Skigebiete aufspielen. Die Schweiz brauche tiefere Corona-Fallzahlen und keine Selbstinszenierung. Wenn die Schweiz zum Corona-Hotspot wird, würde der Schweizer Tourismus längerfristig viel mehr Schaden nehmen als mit vorüber­gehenden Massnahmen über die Feiertage.

Morgen Freitag soll der Bundesrat über ein sogenanntes «Festtagspaket» entscheiden – also über die Frage, ob und mit welchen Einschränkungen die Wintersportgebiete über die Feiertage operieren sollen.

Es ist verzwickt: Gegen das persönliche Pistenbolzen sprechen die Unsicherheit über die Schutzkonzepte beim Anstehen an den Gondelbahnen und die erhöhte Unfallgefahr (Stichwort: Spitalkapazitäten). Dafür sprechen auf der anderen Seite die sportliche Betätigung an der frischen Luft und der Beitrag an die mentale Gesundheit.

Und die Verbeugung vor dem Narrativ der Skifahrernation: Schliesslich «fährt alles Ski», auch wenn dem längst nicht mehr so ist.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

Graubünden will alle Restaurants im Kanton für zwei Wochen schliessen. Damit will der Kanton die Ansteckungen reduzieren. Ab morgen Freitag ab 23 Uhr sollen alle Restaurants geschlossen werden, erlaubt bleiben Lieferungen und Take-aways sowie der Betrieb von Hotelrestaurants für Hotelgäste. Die Betriebe sollen bei einer Schliessung Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung haben, ohne die Frist von 10 Tagen abwarten zu müssen.

Italien schränkt die Bewegungsfreiheit über Weihnachten und Neujahr massiv ein. Dies beschloss das Kabinett in der Nacht auf heute. Mit den Reisesperren bis zum 6. Januar 2021 will Rom einen Wiederanstieg der Infektionszahlen verhindern – und die 60 Millionen Italiener sollen davon abgehalten werden, in grosser Zahl herumzureisen.

Und zum Schluss: Bazillen-Büsi?

(Ja, wir wissen, dass Viren keine Bazillen sind. Aber die Alliteration war so verlockend.)

Katzenfreunde müssen jetzt kurz stark sein: In der Schweiz wurde zum ersten Mal eine Corona-Infektion bei einer Katze nachgewiesen, und zwar im Labor der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich. International hatte es bereits einige Berichte von Fällen bei Haustieren, darunter Katzen, gegeben.

Auch die renommierte Cornell-Universität hat sich des Themas angenommen. «Hauskatzen scheinen auf eine Ansteckung mit Sars-CoV-2 anfällig zu sein – aber nicht hoch anfällig», schreibt die Veterinärmedizinische Fakultät auf ihrer Website.

Also, was tun? Müssen Sie sich nun von Ihrem Stubentiger isolieren?

Nein. Bisher weisen die meisten Fälle darauf hin, dass die Übertragung grundsätzlich von Mensch zu Mensch passiert. Die bisher angesteckten Katzen wurden von Corona-positiven Menschen infiziert. Das heisst: Ihre vierbeinige Freundin schützen Sie am besten, indem Sie sich und Ihre menschlichen Freunde schützen.

Bleiben Sie also umsichtig. Bleiben Sie freundlich. Und bleiben Sie gesund.

Marguerite Meyer

PS: Haben Sie Fragen und Feedback, schreiben Sie an: covid19@republik.ch.

PPS: Wir würden uns freuen, wenn Sie diesen Newsletter mit Freundinnen und Bekannten teilten. Er ist ein kostenloses Angebot der Republik.

PPPS: Auch mit seltenen Symptomen wie Muskelschmerzen, Durchfall oder Erbrechen sollte man nun zum Test gehen. Doch wie ist das denn mit Kindern? Schliesslich überfressen sich diese gern mal heimlich mit Süssigkeiten – Dünnpfiff und de Chötzli sind programmiert. Thomas Häusler leitet die SRF-Wissenschaftsredaktion und gibt hier einige hilfreiche Anhaltspunkte.