Die Zürcher Linke und der taktische Rassismus
Taktische Kompromisse gehören zur Politik. Die Frage ist bloss: Auf wessen Kosten? Und zu welchem Preis?
Von Andrea Arežina, 13.01.2020
Dass die SVP scharf darauf ist: nachvollziehbar.
Dass die Linke mitmacht: jenseits!
Wo macht sie mit?
In drei Worten: bei rassistischer Diskriminierung.
Heute Montag, 8.15 Uhr, werden Kantonsrätinnen und Kantonsräte im Zürcher Rathaus auf ihren Klappstühlen Platz nehmen. Sie werden Papiere, Laptops, iPads auspacken und sich irgendwann dem Traktandum 7 widmen. Die rechten Parlamentarier dürften dabei die Mundwinkel hochziehen, die Linken werden eher das Bild begossener Pudel abgeben. So als würden sie bereits die Häme spüren, die über sie niedergehen wird.
Traktandum 7, das ist die SVP-Initiative «Bei Polizeimeldungen sind die Nationalitäten anzugeben». Was im Titel der Initiative nicht steht: Bei Eingebürgerten soll in Zukunft der Migrationshintergrund genannt werden.
Weil das vielen Kantonsräten zu weit geht, hat die zuständige Kommission Justiz und öffentliche Sicherheit im November den Gegenvorschlag des Regierungsrats unterstützt. Dieser will die Nationalität in Polizeimeldungen auch aufgeführt haben, dafür wird darauf verzichtet, bei Eingebürgerten den Migrationshintergrund zu nennen.
Was für ein Gegenvorschlag!
Natürlich gehören taktische Kompromisse zur Politik wie Lobbyisten ins Bundeshaus, nach wie vor. Die Frage ist bloss: Auf wessen Kosten? Und zu welchem Preis?
Für die Fraktionspräsidentin der Grünen ist die Ausgangslage klar: Sie will eine Abstimmung über die SVP-Initiative verhindern und wird darum, wie im «Tages-Anzeiger» zu lesen war, dem Gegenvorschlag zustimmen.
Da dürfte sie nicht die Einzige sein. Nach der Abstimmung werden sie und die anderen linken Kantonsräte, die für den Gegenvorschlag votierten, dann sagen: Wir haben es aus strategischen Gründen getan. Man solle sich doch nur den Abstimmungskampf vorstellen: die SVP während Monaten im Scheinwerferlicht, auf allen Kanälen. Das habe es zu verhindern gegolten.
Was sie nicht sagen werden: dass sie das auf Kosten der Migrantinnen taten.
Die «Spiegel»-Kolumnistin Ferda Ataman schreibt in ihrem Buch «Ich bin von hier. Hört auf zu fragen!», Rassismus sei im Grunde die Haltung, nach der es verschiedene Menschengruppen gibt: die einen gut, die anderen schlecht.
Mit dem Gegenvorschlag aus dem Kantonsrat heisst das offenbar: die einen schlecht – Migranten. Die anderen gut – eingebürgerte Migranten. Und gebürtige Schweizer, die über gut und schlecht entscheiden.