Im Video: Die Diskussion mit Mely Kiyak über neue Schweizer Literatur
Mit unserer Kolumnistin sprachen wir in der Zürcher Rothaus-Bar über die neuen Erzählungen von Lukas Bärfuss und den Debütroman von Sabine Gisin. Sehen Sie hier das Video zur Veranstaltung.
Von Barbara Villiger Heilig, 13.11.2019, Update 27.11.2019
Zum letzten Buchclub des Jahres hatten wir Mely Kiyak zu Gast. «Kiyaks Exil» heisst ihre Kolumne, die sie seit September für die Republik schreibt. Denn, so die Autorin, «in der Republik von Deutschland aus über Deutschland zu schreiben, ist im Prinzip Exilliteratur».
Während Kiyak Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser, also monatlich einen Deutschland-Crashkurs offeriert, haben wir versucht, unsere Kolumnistin in diesem Buchclub näher an ihre Zielgruppe heranzuführen.
Deshalb diskutierten wir über die zwei folgenden Schweizer Neuerscheinungen:
Lukas Bärfuss: «Malinois». Verlag Wallstein, 128 Seiten, ca. 27 Franken.
Sabine Gisin: «Teneber Vid», Verlag die brotsuppe, 104 Seiten, ca. 25 Franken.
Sehen Sie den November-Buchclub im Video:
Worum geht es in den beiden Büchern?
«Malinois» ist pünktlich zur Verleihung des Georg-Büchner-Preises an Lukas Bärfuss erschienen. Die im Band versammelten Erzählungen umkreisen Fragen der Liebe: einen Themenkomplex, der bei diesem Autor erstaunen mag. Denn Bärfuss hat in der Preisrede gesagt, sein Werk – damit meinte er das Gesamtwerk, bestehend aus Theaterstücken, Romanen, Essays und, eben, Erzählungen – sei «in weiten Teilen ein Zeugnis für die menschliche Niedertracht und Grausamkeit». Und die Büchner-Preis-Jury attestierte ihrem Preisträger ein «nervöses politisches Krisenbewusstsein».
Doch Liebe kennt viele Facetten: Auch Enttäuschung, Schmerz, Missverständnisse, Unglück, Verzweiflung zählen dazu. Und die Liebe, dieses privateste aller Gefühle, lässt sich nicht losgelöst von den Verhältnissen beschreiben, in denen sie glückt oder scheitert, siegt oder kaputtgeht. Insofern ist «Malinois» ein Buch über unsere Gesellschaft.
«Teneber Vid» überrascht erst einmal aufgrund des Titels. Er bezeichnet «den schrecklichsten aller Geister», dem «die Bösen wie die Guten von Zeit zu Zeit Opfer bringen müssen, um ihm nicht anheimzufallen». Das erklärt der Vater dem namenlosen Mädchen zu Beginn dieses Kurzromans, der uns mitnimmt auf eine Reise von der Kindheit ins Erwachsensein. Auch hier dreht sich vieles um die Liebe. Und zwar, ganz physisch, um Sex.
Mit ihrem Erstling legt Sabine Gisin einen Entwicklungsroman vor, der das Reale ins Surreal-Fantastische erweitert – oder umgekehrt. Die Protagonistin, «das Mädchen», bewegt sich durch eine Welt mit märchenhaften Zügen, die handkehrum vertraut und zeitgemäss wirkt. Diese Welt, ihre urbanen und landschaftlichen Räume, kundschaftet das Mädchen aus und sucht in den Begegnungen mit Männern, Frauen oder «dem Jungen» einen Weg zu sich selbst.
Und hier noch ein PS, ohne gleich schon an Weihnachten zu denken (Stichwort: «sinnvolle Geschenke»): Zum Schluss des Buchclub-Jahrs stellen wir diesmal kurz unsere individuellen Lieblingsbücher und Entdeckungen vor. Vielleicht ist auch ein Lektüretipp für Sie darunter?