Die Jungen gehen zu wenig wählen. Und Influencer so: ¯\_(ツ)_/¯
Werden junge Schweizerinnen gefragt, was sie politisch motivieren würde, antworten viele: Influencer. Warum hat die Branche Angst vor der eigenen Macht?
Von Ronja Beck (Text) und Xaviera Altena (Illustration), 11.10.2019
Es ist Montagnachmittag, der 23. September, Bundeshaus in Bern. Der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller kleidet sich heute in einen marineblauen Anzug – und in die Worte Barack Obamas.
«Wir sind vermutlich die erste Generation, die den Klimawandel im Alltag tatsächlich spürt», sagt er. «Und wir sind vielleicht die letzte Generation, die tatsächlich wirksame Massnahmen gegen den Treibhausgasanstieg ergreifen kann.»
Fast zeitgleich auf der Social-Media-Plattform Instagram. Zoë Pastelle legt den Kopf in den Nacken, eine Haarwelle fliesst ihr übers Gesicht, ihr Mund ist wie zum Seufzer geöffnet. «monday faces. wishing you all a week full of motivation, progress and joy», schreibt sie daneben.
Damian Müller, mit 51’550 Stimmen gewählt, 3068 Follower auf Instagram. Zoë Pastelle, 0 Stimmen, dafür 203’264 Instagram-Followerinnen.
Weiter im Ständeratssaal des Bundeshauses, Anita Fetz von der SP fragt ins Mikrofon: «Ob die politisch von der Urek ausgearbeiteten Massnahmen reichen, damit wir gezielt aus den fossilen Energien aussteigen?»
Auf Youtube fragt Lionel Battegay, bekannt geworden als «Ask Switzerland», ins Mikrofon: «Wie viele Male hat die Zahl 100 in 1000 Platz?» – «Gar nicht?», sagt ein Mädchen vorsichtig, und alle biegen sich vor Lachen.
Rund 74’000 Menschen haben Lionel Battegays Kanal auf Youtube abonniert. Bei der SP Schweiz sind es 562.
Auch diese beiden Szenen verlaufen beinahe zeitgleich. Da sind die Wortmeldungen im Ständerat zum CO2-Gesetz – eine «Monsterdebatte», wie SRF sie nannte. Und da sind die schönen und lustigen Bilder in den sozialen Netzwerken. Während sie im Bundeshaus über den Fortbestand der Menschheit debattieren, bieten Youtube und Instagram Montagsgesichter und glatte Scherzchen. Dass in wenigen Wochen Wahlen sind? Kein Thema.
Heute schon beeinflusst?
«Influencer» heissen Menschen, die in den sozialen Netzwerken ihr Geld verdienen. Auch Schweizer Influencer scharen Millionen «Follower» um sich. Und haben allem Anschein nach trotzdem nichts Relevantes zu sagen.
Ob Politikerin oder Influencer, im Prinzip tun beide dasselbe: Als Meinungsmacher stehen sie für eine Sache ein und hoffen, ihre Mitmenschen davon überzeugen zu können. Ob diese Sache nun den persönlichen Werten entspringt oder den Köpfen der Geldeinspeiser im Hintergrund, weiss man dabei nie so genau. (Wobei, kleine Randbemerkung, das bezahlte Influencer-Engagement wesentlich transparenter ist als jenes unserer Politikerinnen. Und diese Transparenz inzwischen sogar behördlich durchgesetzt wird.)
Und doch werden die Influencerinnen belächelt. Weil sie sich auffällig inszenieren, weil sie sich doof stellen oder oberflächlich wirken, und weil sie wie lebendig gewordene Werbetafeln für Lifestyle-Güter über verdammt viele Screens huschen.
Viele ihrer Fans sind jung, gehören also zu dem Teil unserer Bevölkerung, den man am schwersten an die Urne bekommt. Warum also nicht Werbung für eine Nationalratskandidatin machen? Oder zumindest die Follower aufrufen, doch bitte wählen zu gehen? Ist das so abwegig?
Ja, weil sich Influencerinnen nicht für Politik interessieren. Dieser Eindruck drängt sich jedenfalls auf, wenn man durch die Profile von Model Xenia Tchoumi und ihren Kollegen wischt. Daran ändert auch das «Feminist» in der Instagram-Bio nichts.
«Bei der jungen Generation hat es die Politik generell schwierig», sagt Fabian Plüss. Er ist Co-Gründer von Kingfluencers, einer Agentur, die Influencer an Unternehmen vermittelt, zum Beispiel an die Credit Suisse, Feldschlösschen oder die Migros. «Davon sind auch Influencer nicht ausgenommen.» Schliesslich täten die nichts anderes, als ihre Follower zu spiegeln.
Will heissen: Sind die Jungen apolitisch, sind die Influencerinnen apolitisch, bleiben die Jungen apolitisch. Repeat.
Nur: Ganz so einfach ist es nicht.
Vergessen wir nicht: Die digitalen Meinungsmacher sind in erster Linie Unternehmer. Influencer erhalten Geld von Firmen, um für deren Produkte zu werben, die sie scheinbar nahtlos in die von ihnen dargestellte Welt einspielen. Das wichtigste Gut der Influencerinnen ist ihre – vermeintliche – Authentizität, sie lässt die Kassen klingeln. 8 Milliarden Dollar, so schätzt die Newssite «Business Insider», werden dieses Jahr weltweit für das Marketing mit Influencern ausgegeben. In drei Jahren sollen es 15 Milliarden sein.
Fabian Plüss’ «Kingfluencers»-Agentur und Plattform hat über 2000 Meinungsmacherinnen im Portfolio, rund 150 Kampagnen entstehen im Jahr, erzählt er. Eine politische war bisher nicht dabei.
Mit jedem politischen Post im Netz droht die Gefahr von digitalen Hassergüssen, Stichwort: Shitstorm. Das weiss auch Plüss. Und er erwähnt kurz – wie fast alle, mit denen die Republik gesprochen hat – Tamy Glauser.
Model und Influencerin Glauser (17’200 Instagram-Follower) hatte im Mai angekündigt, bei den Nationalratswahlen für die Grünen zu kandidieren. Dann schrieb sie in einem Kommentar auf Instagram, dass das Blut von Veganern Krebszellen töten könne. Glauser entschuldigte sich kurz darauf, doch es half nichts, die Hasswelle war losgetreten. Zwei Monate später zog sie ihre Kandidatur wieder zurück – was blieb ihr auch anderes übrig, ihre Glaubwürdigkeit hatten Parteien und Medien ins Unkenntliche zertreten.
Für Influencer untypisch setzte Tamy Glauser schon vor ihrer damaligen Ankündigung der Kandidatur politische Posts ab. Darunter zu Themen wie Gleichberechtigung, zur Ehe für alle oder zur Nachhaltigkeit. Die Ankündigung, für die Grünen kandidieren zu wollen, verschaffte ihr jedoch eine neue Aufmerksamkeit und damit einen neuen Rahmen. Und der war plötzlich wesentlich enger.
Ja, schon, aber
Manchmal reicht schon eine harmlose offene Anfrage, um der Internetprominenz Angst einzujagen.
Zoë Maire seufzt ins Telefon. Sie ist Bereichsleiterin bei Easyvote, einer politisch neutralen Organisation, die das politische Interesse von jungen Erwachsenen in der Schweiz stärken will. Auf die Wahlen hin hat sich Easyvote eine Videokampagne überlegt. Das Drehbuch: Die Teilnehmer geben ein High Five in die Kamera und halten einen Zettel in die Höhe, auf dem sie in einem Satz erklären, wieso sie wählen gehen. 200 Menschen «mit Namen in der jugendlichen Zielgruppe» habe Easyvote dafür kontaktiert.
Auf der Website der Organisation sieht man einige Dutzend dieser Videos, von Easyvote-Mitarbeitern, von Politikerinnen. Aus der Schweizer Prominenz sind vertreten:
die Musiker Lo und Leduc;
die Bloggerin Carmen Segattini;
der Youtuber Lionel Battegay.
Diese Liste ist abschliessend.
«Der Rücklauf war fast nicht vorhanden», sagt Maire. Die Hälfte der Prominenten habe sich gar nicht gemeldet, andere hätten abgesagt: Man äussere sich nicht politisch.
Auch die Republik hat den Versuch gemacht und bekannten Influencern geschrieben, sie heissen Gabirano, Anja Zeidler, Raffaela Zollo und so weiter. Wir stellten ihnen vier Fragen und baten sie darum, diese via Selfievideo zu beantworten. Die Fragen waren bewusst offen und möglichst unverfänglich gehalten. Sie lauteten:
Was liegt Ihnen am Herzen?
Was würden Sie gerne ändern an der Welt?
Wie soll die Schweizer Politik dabei helfen?
Was muss passieren, damit sich junge Menschen mehr für Politik interessieren?
Sehen Sie in diesem Beitrag irgendwo ein Selfievideo?
«Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass unsere Influencer keine Interviews zu politischen Themen geben», antwortete die Agentur Yxterix, Patronin von mehreren Angefragten. Wir fragten nach, warum. Die Nachfrage blieb unbeantwortet.
Lionel Battegay wird seit eineinhalb Jahren von Yxterix vertreten. Wir kontaktieren ihn via Instagram. Und plötzlich spricht ein Influencer über Politik mit uns.
«Gib dir die Kommentare unter ein, zwei Videos von mir und du weisst, wieso ich bei Easyvote mitmache», sagt Battegay.
Der junge Basler, der mit seinen Strassenumfragen unter dem Namen «Ask Switzerland» national bekannt wurde, macht keinen Hehl aus seiner politischen Positionierung. Er ist Mitglied der Jungfreisinnigen Basel-Stadt. Eine Initiative habe ihn dazu bewogen, «die 30 Franken Mitgliederbeitrag sofort einzuzahlen». 2017 hatten die Basler Jungfreisinnigen gefordert, die politische Bildung als fixes Fach in den Basler Schulplan zu integrieren. Erst vor wenigen Wochen hat das Basler Erziehungsdepartement die Änderung offiziell gemacht.
«Es steht schlimm um die politische Bildung bei den Jungen», sagt Battegay. Das hätten ihm seine wöchentlichen Umfragen gezeigt. «Eine Katastrophe, für die ich auch die Politik in der Verantwortung sehe.» Die müsste auch den wenig verdienenden Menschen klarmachen, dass ihre Stimme etwas wert sei. «Und zwar genauso viel wie die des Bankers am Paradeplatz.»
Vielleicht könnten die Influencer da ja helfen?
HSG-Student Battegay, der sich hier nicht als Influencer lesen will – «auch wenn ich nach allgemeiner Definition wohl in diese Kategorie falle» –, findet: Ja, schon, aber.
«Du bist total unpolitisch auf deinem Kanal und forderst mich auf, wählen zu gehen. Da frage ich mich doch: Hast du überhaupt eine Ahnung? Das weckt doch Misstrauen bei den jungen Leuten», sagt Battegay.
Go vote or go home
Hat er recht mit dem Einwand? Gehts wirklich nur ganz oder gar nicht? Die USA beweisen: Das muss nicht so sein.
Nirgends liegen Showbiz und Politgeschäft näher beieinander. Die meisten politischen Auftritte schmecken wie ein Cocktail aus Musical und Hochzeitsrede. Megastars machen offen Politik. Schon in den Neunzigerjahren rief Madonna in schiefem Gesang dazu auf, doch bitte wählen zu gehen.
Diese Marketingstrategie, sie heisst Celebrity Endorsement (Fürsprache durch eine Berühmtheit), ist in den USA seit Jahrzehnten normal. In der Privatwirtschaft genauso wie in der Politik. Filmstars, Sportlerinnen und Musiker werben so selbstverständlich für Schuhhersteller, wie sie es fürs Wählen tun. Sie sind eine Stimme in politischen Debatten oder tragen auch mal ein T-Shirt, das mit dem Kopf der Präsidentschaftskandidatin bedruckt ist.
Die Internetprominenz ist da nicht gross anders. Kim Kardashian West (148 Millionen Followerinnen auf Instagram) postete ein Bild ihrer Familie an einer Demonstration von «March for Our Lives», einer Bewegung, die eine schärfere Schusswaffenkontrolle fordert. Und flüsterte den Leuten gleich ein, bei den nächsten Wahlen «ans Wohl unserer Kinder» zu denken.
Vom Land of the Free ins Land of the Exportindustrie. In Deutschland hat der Youtuber Rezo in einem 55-minütigen Video die Regierungspartei CDU (und auch die SPD) dieses Jahr in eine Sinnkrise gestürzt. Rezo, der davor nie politische Inhalte machte, liess die deutsche Politik kurz und heftig spüren: Hallo, ihr kennt uns nicht, aber wir haben Millionen Abonnenten und deshalb, wer hätte es gedacht, verdammt viel Einfluss. Und das auch politisch. Und so. Wenn wir Bock haben.
Das Rezo-Video mit seiner deutlichen Sprache und dem dringlichen Tonfall war aussergewöhnlich. Und damit eine von wenigen Ausnahmen. Es führte Politik und Medienbetrieb vor Augen, wie viel Meinungsmacht dort liegt, wo sie bislang kaum hingeschaut hatten, erst mal googeln mussten, wer dieser Rezo eigentlich ist.
Das löst grösstmögliche Irritation aus. Und wirft die Frage auf: Wieso fürchten sich Influencer davor, mit politischen Posts ihre Follower zu erschrecken, wo doch die Politiker offensichtlich die Influencer zu fürchten hätten?
Uh, wir sind vernetzt!
Blicken Politiker auf Influencer, regiert weniger die Angst als die Überforderung. Sind unsere Amtsträgerinnen vielleicht nicht ganz auf dem neuesten Stand, wenns ums Influencing geht? Der Verdacht liegt nahe. Da ist zum Beispiel die grosse Ankündigung der CVP, im digitalen Wahlkampf unter #TeamOrange auf «Influencer» zu setzen – so zumindest titelten verschiedene Medien.
Gemeint waren: Wahlhelfer «mit einer gewissen Vernetztheit in den digitalen Medien», wie es CVP-Präsident Gerhard Pfister ausdrückte. Also der Ehemann von Gemeinderätin Müller mit seinen vier Dutzend Facebook-Freunden? Was diese «Vernetztheit» konkret bedeutet, wollte Pfister nicht genauer sagen. Und räumte ein, dass es da schon noch Luft nach oben gebe.
Fragt man bei den anderen Parteien nach, sind sich alle einig: Digitaler Wahlkampf ist wichtig, klar. Aber mit Influencern? Würden die überhaupt mitziehen? Und was ist mit unserem Budget? SP und FDP zeigen sich am offensten. Generell. Also in Zukunft dann. Vielleicht. SVP und CVP liessen die Fragen der Republik unbeantwortet.
Fabian Plüss von der Agentur Kingfluencers sagt, es sei mit der FDP vor ein paar Jahren zu Gesprächen gekommen, man hatte mit der Partei ein Konzept andiskutiert. Konkret daraus geworden sei jedoch nie etwas. Kingfluencers habe der FDP vorweg gesagt, sie könnten die Kampagne nicht machen.
Von politischen Projekten lässt Kingfluencers die Finger. Es liessen sich schlichtweg keine Influencerinnen dafür finden, sagt Plüss.
Stars mit Sternchen
53 Jahre, so alt ist der Schweizer Durchschnittswahlberechtigte. Und er wird nicht jünger werden, sollte sich an unserer demografischen Verteilung oder dem Wahlsystem nicht etwas dramatisch ändern.
In den sozialen Netzwerken ist die Sache anders. 80 Prozent der 15- bis 24-Jährigen in der Schweiz benutzen Instagram. Der User ist im Schnitt 32 Jahre jung – also gute 20 Jahre jünger als sein wählender Kollege.
In Influencer – heisst in die Jugend – zu investieren, macht für Parteien also keinen Sinn. Zumindest weniger, als Plakattafeln in die Wiese zu hämmern und durch Vorgärten zu stolpern.
Zoë Maire von Easyvote will dieses Argument nicht gelten lassen. «Langfristig ist das eine verpasste Chance. Wenn ich als junger Mensch die SVP wähle, tue ich das wahrscheinlich auch in den nächsten 20 Jahren – viele Menschen sind Gewohnheitswähler.»
Zudem zeigt der Politikmonitor 2018 von Easyvote, wie stark die sogenannten Meinungsmacher halt eben Meinungen machen. 18 Prozent der über 1000 befragten 15- bis 25-Jährigen gaben an, dass die Influencer sie politisch motivieren würden oder könnten. Damit liegen die Social-Media-Stars noch vor den eigenen Geschwistern. Und noch etwas weiter vor den Politikern. 37 Prozent sagten, sie wünschten sich häufiger politische Inhalte von ihren Influencern.
Und so kriegt der unbekannte User hinter dem Spass-Account Hajdgenoss (240’435 Instagram-Follower) für einen Beitrag vom 3. Oktober zu den Schweizer Parteien über 25’000 Likes – nicht wesentlich mehr, nicht wesentlich weniger als sonst auch. Trotz des Beitextes: «Gönd unbedingt go abstimme [sic!]».
Das EU-Parlament hingegen hat den Einfluss der digitalen Meinungsmacher erkannt. Und sich gedacht: Wieso spüren wir eigentlich nix davon? Unter dem Titel «Diesmal wähle ich» lancierte das Parlament eine gross angelegte Kampagne für die diesjährigen Europawahlen. Flyerverteilen auf öffentlichen Plätzen war schon auch Teil der Kampagne.
Aber da war noch mehr.
Das Verbindungsbüro in Deutschland setzte eine Agentur auf Influencer an. Lifestyle-Influencerin Diana zur Löwen (783’000 Follower auf Instagram) oder auch Youtuber Alexander Böhm (1,3 Millionen Abonnenten) hüllten sich in Sternchen-Pullis und erklärten öffentlich, wieso wählen zu gehen schon kompliziert, aber halt trotzdem sehr, sehr wichtig sei.
Das europaweite Budget für die gesamte Kampagne: 33,3 Millionen Euro. Wie viel davon an die Influencer geflossen ist, verschweigt die verantwortliche Agentur Divimove.
Über 50 Prozent der europäischen Wahlberechtigten gingen wählen, so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr.
Waren das die Influencer? Das wäre wohl zu viel des Lobs. Aber unsere Nachbarn haben sich immerhin mal getraut, etwas genauer in dieses Internet zu schauen.
Macht doch wenigstens beim Mitmachen mit
Es wäre falsch zu sagen, dass abgesehen von der Europawahl politisch so gar nichts geht in den sozialen Netzwerken. Die Klimabewegung zum Beispiel hat sich eine Präsenz erkämpft. Und das bis in die aus China stammende Videoplattform TikTok, eine erzwungenermassen apolitische App.
Themen und Initiativen begegne man immer wieder auf Instagram, sagt Tanja Herrmann, Geschäftsführerin der Influencer-Marketing-Agentur Webstages. Themen zu vertreten funktioniere, wenn sie den Werten der Influencerinnen entsprächen. «Als Influencer hat man eine Community, die einem folgt, weil sie die gleichen Werte vertritt wie der Influencer», sagt Herrmann. «In der Politik macht man aber das Gegenteil, dort versucht man, die Leute von einem Standpunkt zu überzeugen.»
Aber gilt das auch fürs Wählen? Wie geschäftsschädigend kann oder darf es in einer Demokratie sein, öffentlich für ein in der Verfassung verankertes Grundrecht einzustehen?
«Es gäbe hier einen unglaublichen Pool an Ressourcen, um unsere politische Zukunft zu prägen», sagt Lukas Golder, Co-Leiter des Meinungsforschungsinstituts GFS Bern. Und er kritisiert den bekanntesten (und kostbarsten) Prominenten der Schweiz: Roger Federer (6,9 Millionen Instagram-Follower): «Er hat sich während seiner ganzen Karriere nie zur Politik in der Schweiz geäussert. Dabei müsste er sehen, dass Partizipation ein unglaublicher Wert ist für eine Demokratie. Und ich denke, dass auch er sein Leben gerne in einer gepflegten Demokratie lebt.»
Partizipation, ein unglaublich hoher Wert – und ein politischer. Ein Wert, der also zu allen Influencern passen würde. Generell. Also in Zukunft dann. Vielleicht.