Alles so schön bunt hier
Von Urs Bruderer, 01.07.2019
So farbig die Bühne, so blass die Slogans. «Wir wollen mehr Farbe, mehr Bewegung. Wir wollen der frische Wind sein!», ruft Flavia Kleiner vergangenen Freitag auf dem Casinoplatz in Bern. «Die Schubladisierung nach Parteifarben hat ausgedient. Die Farbe des Wandels, sie ist bunt», sagt Laura Zimmermann. Die beiden Präsidentinnen von Operation Libero präsentieren ihr angekündigtes Projekt fürs Wahljahr.
Ihre erfolgreichen Kampagnen gegen SVP-Initiativen waren hart, scharf und gut. Jetzt zielt die Operation Libero aufs Bundeshaus und wird bunt. Bunt sind die farbigen Linien auf der Bühne, die aufliegenden Karten mit dem neuen Manifest («Wir wählen den Wandel») und die Kleider der sechs Politikerinnen und Politiker, die vorerst für das Projekt stehen. Die Graubündner FDPlerin Vera Stiffler trägt rote Hosen, der St. Galler SPler Arber Bullakaj Blau, die Genfer CVPlerin Sophie Buchs Grün. Die Farbverschiebungen haben Methode: Die drei wurden angehalten, nicht in den Farben ihrer Partei aufzutreten. Auch ein Grüner (Gerhard Andrey, Freiburg) und die BDP (Ursula Troisio, Zürich) sind dabei. Und natürlich die Grünliberalen (Nicola Forster, Zürich). Nur die SVP fehlt.
«Wir laden SVPler ein, bei uns mitzumachen», sagt Laura Zimmermann auf Nachfrage, «aber wir haben niemanden gefunden in dieser Partei, der unsere Werte teilen würde.»
Die Werte. «Wir wollen mutige Entscheidungen, fortschrittliche Köpfe und eine überparteiliche Politik», heisst es im Manifest. Oder: «Wir wählen Inhalte, nicht Dogmen.» Die Schweiz als «Chancenland», als ein Land, das dem Wandel der Zeit «mit Neugier begegnet und nicht mit Angst». Werte, so schillernd und hart wie ein Goldbarren aus Kaugummi.
Wer sie teilt, kann im Wahlkampf womöglich auf Unterstützung durch die Operation Libero zählen. In voraussichtlich dreizehn Kantonen will sie «fortschrittliche Köpfe aus verschiedenen Parteien» unterstützen. Welche? Verrät man noch nicht. Unterstützung in welcher Form? Verrät man noch nicht. «Aber konkret wird es auch um Plakate gehen», sagt Flavia Kleiner. Das Geld dafür soll, wie immer bei der Operation Libero, mittels Crowdfunding aufgetrieben werden.
Die Mitglieder der neuen, überparteilichen Wertegemeinschaft sollen fortschrittliche Anliegen befördern, Kompromisse schliessen und konstruktive Lösungen finden. Nur konkrete Fragen reissen hin und wieder ein Loch in die dicke Decke aus wolkigem Miteinander.
Etwa die nach dem Rahmenabkommen mit der EU. Einige wollen es sofort unterschreiben. Einer will sich jetzt nicht auf ein Ja oder ein Nein festlegen. Und einer ist für ein fair ausgehandeltes Rahmenabkommen mit Lohnschutz. Macht nichts. «Wir sehen hier, dass es sehr viel Willen zum Kompromiss gibt», sagt Nicola Forster.
Das ist die bunte, überparteiliche, fortschrittliche Schweiz von Operation Libero. Eine Pastellschweiz.