Ein Rezept gegen den Artenschutz
Von Michael Rüegg, 11.05.2019
Was hat uns der Biber getan? Er staut Bäche und könnte damit eine Wiese überschwemmen. Gelegentlich soll er eine Zuckerrübe verspeisen, was nicht so schlimm ist, weil die Schweizer Zuckerproduktion sowieso übersubventioniert ist. Und dann heisst es, der Biber fresse Schilf in Ufernähe auf Böden, die Bauern gehörten.
Diese stichhaltigen Argumente reichten dem Nationalrat diese Woche aus, um den Biberschutz zu lockern und die Tiere zum Abschuss freizugeben. Nicht dass jetzt ein Bibermassaker ansteht, aber gelockerter Schutz ist gelockerter Schutz.
Wie beim Wolf. Der treibt bekanntermassen die Bewohnerinnen von Berg- und von Flachlandkantonen auseinander. Auch das mit dem Wolfsschutz nimmt der Nationalrat nicht mehr so genau.
Auf der parlamentarischen Abschussliste stehen noch viele andere Tierarten, darunter auch gefährdete. Einige davon wollte eine Minderheit von Volksvertreterinnen vergeblich von der Liste der jagdbaren Arten streichen.
Zum Beispiel die Waldschnepfe.
Ein possierlicher Vogel, der kaum mehr durchs Mittelland streift, weil es nicht mehr viele gibt, er gehört zu den «verletzlichen Arten». Gelegentlich passieren weiter nördlich wohnende Exemplare unser Land, wenn sie zwischen Sommer- und Wintersitz pendeln. Auf diese hat es der Nationalrat eigentlich abgesehen. Also nicht die eidgenössischen Schnepfen, sondern die aus dem Ausland.
Im Gegensatz zu Raubtieren, die auch mal den einen oder anderen Schaden an der heimischen Fauna anrichten, hält sich die Waldschnepfe diesbezüglich nobel zurück. Es ist der Mensch der Schnepfe Wolf. Und mögen auch die Regale heimischer Supermärkte nicht von Schnepfen überquellen, so hat der Vogel definitiv sein Plätzchen auf dem Teller. Und der eine oder andere Nationalrat wird während der Debatte wehmütig an seine letzte gebratene Schnepfe zurückdenken. An einem feinen Sösseli soll das Tier besonders delikat sein.
Kulinarisch betrachtet hat die Schnepfe einen grossen Vorteil: Der Vogel besitzt die praktische Eigenart, jeweils zu kacken, bevor er sich in die Lüfte erhebt. Dadurch sind seine Gedärme leer, wenn er vor die Flinte kommt. Knallt man ein Tier ab, kann man also auch seine Eingeweide verzehren, schliesslich sind die leer.
Deshalb an dieser Stelle, der Nationalratsmehrheit gewidmet, ein beliebtes Schnepfenrezept, das diesem Umstand Rechnung trägt:
Man knalle eine geschützte Waldschnepfe pro Person ab und lasse sich bei einem allfälligen Abschuss ausserhalb der Schonzeit nicht vom Wildhüter erwischen.
Daheim in der Küche die Vögel rupfen, was etwas Zeit in Anspruch nimmt.
Den langen Schnabel des Tiers auf Höhe der Keulen durch den Körper stecken. Dann in Butter bei 220 Grad zwölf Minuten im Ofen braten, damit das Fleisch rosa bleibt.
Die Schnepfen in vier Teile zerlegen, mit Butter bestreichen und in eine Bratpfanne legen. Dann die Eingeweide herausnehmen und klein hacken.
Die Vögel mit Cognac flambieren, Wildbouillon zugiessen, einkochen lassen.
Die Hälfte der Eingeweide zugeben. Mit Butter binden, würzen. Die restlichen Eingeweide mit Foie gras, Senf, einem Spritzer Zitronensaft und Eigelb mischen, die Pampe auf Canapés streichen.
Die beschmierten Canapés dazu servieren. Davor die Köpfe der Schnepfen entzweischneiden.
Zu diesem Gericht passen Eierschwämmli mit Rahm. Empfohlene Weine sind ein Cornalin oder ein Syrah aus dem Wallis oder ein gereifter Bordeaux.
Sollten angesichts des geringen Bestandes an Waldschnepfen keine Tiere vorrätig sein, können sich hungrige Nationalrätinnen ja mit Rezepten zu anderen Arten behelfen. Solchen, die ebenfalls keinen absoluten Schutz mehr geniessen.
Als Delikatesse denkbar sind etwa ein Wolf im Schafspelz nach Bauernart. Oder gebackener Biberschwanz auf einem Bett von Schilf.