Trump triumphiert, Moçambique unter Wasser – und eine Spende mit Nachspiel
Woche 13/2019 – das Kurzbriefing aus der Republik-Redaktion.
Von Michael Kuratli, Isabelle Schwab und Oliver Fuchs, 29.03.2019
Trump: Sonderermittler findet keine geheime Absprache mit Russland
Darum geht es: Sonderermittler Robert Mueller überreichte vergangene Woche seinen Bericht zur Russlandaffäre dem Generalstaatsanwalt der USA. Der Bericht entlastet Trump und seine Wahlkampagne von dem Vorwurf der geheimen Absprache («collusion») mit Russland. Beim Vorwurf der Justizbehinderung kommt Mueller zu keinem eindeutigen Schluss.
Warum das wichtig ist: Die Demokraten erwarteten die Mueller-Untersuchung sehnlichst. Viele sahen darin die Waffe, um Trump seines Amtes zu entheben. Öffentlich wurde bisher nicht Muellers Bericht, sondern nur eine vierseitige Zusammenfassung des Generalstaatsanwalts.
Mueller befasste sich neben der Russland-Affäre auch mit dem Vorwurf der Justizbehinderung. Trump hatte unter anderem einen FBI-Direktor und den vorgängigen Generalstaatsanwalt entlassen. Tat er dies, um die Ermittlungen zu bremsen oder zu verunmöglichen? Sonderermittler Muellers Bericht kommt zu keiner eindeutigen Antwort auf diese Frage. Er überlässt die Entscheidung stattdessen der Generalstaatsanwaltschaft. Diese sieht zwar keine Basis für ein Verfahren wegen Justizbehinderung, allerdings entlaste Muellers Bericht den Präsidenten in diesem Punkt auch nicht.
Was als Nächstes geschieht: Wann und ob Muellers Bericht je der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, ist unklar. Demokratische Parlamentarierinnen fordern das mit Nachdruck. Der Generalstaatsanwalt will jedoch prüfen, welche Teile aus gesetzlichen Gründen nicht öffentlich einsehbar sein dürfen. Das Trump-Lager feiert derweil die Veröffentlichung der Mueller-Untersuchung als «Happy No Collusion Day». Gegen Trump und seine Wahlkampagne laufen weitere Untersuchungen, etwa jene der New Yorker Staatsanwaltschaft zu Unregelmässigkeiten im Wahlkampf.
Moçambique: Hilfe läuft an nach verheerender Flutkatastrophe
Darum geht es: Die Flutkatastrophe in Moçambique fordert immer mehr Opfer. Nachdem ein Zyklon Mitte März das ostafrikanische Land traf, wurden rund 3100 Quadratkilometer unter Wasser gesetzt und mehr als 90’000 Häuser zerstört. Rettungskräfte und Hilfsgüter erreichten viele Menschen wegen der gewaltigen Wassermassen erst in den vergangenen Tagen.
Warum das wichtig ist: Die Flut ist gemäss dem Roten Kreuz die schlimmste humanitäre Katastrophe in der Geschichte Moçambiques. Auch die Nachbarländer Malawi und Zimbabwe hat der Zyklon hart getroffen. Insgesamt sind laut Angaben der Uno und der Regierung Moçambiques rund 1,8 Millionen Menschen betroffen. Allein in Moçambique sind 400’000 Menschen obdachlos. Bis Mitte Woche vermeldete die Regierung von Moçambique 468 Todesopfer. Grossflächige Gebiete sind noch immer nicht zugänglich. Diese Woche sank der Wasserstand zumindest genug, dass Maschinen, beladen mit Rettungskräften und Hilfsgütern, am Flughafen von Beira landen konnten.
Was als Nächstes geschieht: Die Katastrophe wird in Moçambique, Malawi und Zimbabwe noch über Jahre nachwirken. Die internationalen Hilfsbemühungen laufen gerade erst an. Derweil droht den Menschen eine Hungerkatastrophe sowie Malaria und Cholera, begünstigt durch das Wasser und die desolaten hygienischen Zustände.
EU-Parlament nimmt das kontroverse neue Urheberrecht an
Darum geht es: Das EU-Parlament sprach sich vergangene Woche trotz Protesten für eine Reform des Urheberrechts aus. Damit werden gewisse Onlineplattformen dazu verpflichtet, widerrechtliche Inhalte von Benutzern zu filtern.
Warum das wichtig ist: Kritikerinnen befürchten nun das Ende des freien Internets. Umstritten an der neuen Richtlinie ist vor allem der Artikel 13, welcher Plattformen dazu verpflichtet, Inhalte zu filtern, die das Urheberrecht verletzen. Ausgenommen sind nur Anbieter, die jünger als drei Jahre sind und einen Umsatz von unter 10 Millionen Euro ausweisen. Für Onlineplattformen sind diese Prüfungen eine kostspielige Sache. Kritiker der Reform befürchten, dass grosse Anbieter wie Youtube oder Instagram zukünftig multimediale Inhalte rigoros filtern und damit kreative Video- und Fotokünstlerinnen bestraft würden. Die Richtlinie begünstigt die Musik- und die Videoindustrie, die bis anhin bei mutmasslichen Urheberrechtsverletzungen selber aktiv werden mussten. Die Debatte um die Reform wurde im Parlament lebhaft geführt, 348 Abgeordnete sprachen sich letztlich dafür aus, 274 dagegen.
Was als Nächstes geschieht: Die Abstimmung bildet den Schlusspunkt eines jahrelangen politischen Reformprozesses, während welchem Gegner 4,7 Millionen Unterschriften gegen die Richtlinie sammelten. In mehreren Städten wurde gegen den Entscheid protestiert. Wie die Richtlinie letztlich umgesetzt wird und was dies konkret für Internetinhalte in der EU bedeutet, wird erst die Praxis zeigen.
SVP und FDP verlieren bei den Zürcher Kantonswahlen
Darum geht es: Vergangenen Sonntag wählte der Kanton Zürich Parlament und Regierung. Gewonnen haben vor allem die Grünen (GP) und Grünliberalen. Der Grüne Martin Neukom zieht überraschend in die Regierung ein und nimmt damit der FDP einen Sitz ab.
Warum das wichtig ist: Die Bürgerlichen haben ihre klare Mehrheit im Kantonsparlament verloren. Zwar bleibt die SVP stärkste Partei, sie musste aber über fünf Prozent Verluste einstecken. Auch die FDP verliert fast zwei Prozent und einen Regierungsratssitz. Neben den Bisherigen und dem Shootingstar Neukom schafft es auch Nationalrätin Natalie Rickli (SVP) in die Zürcher Regierung. Die Wahl stand im Zeichen der Klimadebatte, die sich in den letzten Monaten in diversen Protesten und einem weltweiten Klimastreik manifestierte. Auch viele Frauen konnten offenbar von einer feministischen Welle profitieren. So schaffte es neben anderen Sarah Akanji (SP) ins Parlament. Republik-Autor Elia Blülle porträtierte Akanji im vergangenen Sommer.
Was als Nächstes geschieht: Die Zürcher Wahlen gelten als der Auftakt und Indikator für das nationale Wahljahr. Hält der Trend an, drohen den bürgerlichen Parteien, die auf eine konservative Klimapolitik setzen, harte Verluste. Die SVP will – anders als die FDP – jedoch im Hinblick auf die nationalen Wahlen im Herbst nicht explizit auf Klimathemen setzen.
Brexit-Star der Woche: der überraschende Rebell
Es mangle ihm definitiv nicht an Ideen, sagt ein anonymer Kollege über den Herrn Letwin zum «Guardian». Und er schiebt nach: «Das Problem ist: Vier dieser Ideen sind absolute Stinker – und die fünfte ist brillant.» Die Rede ist vom konservativen Abgeordneten Oliver Letwin, Tory-Urgestein, seit jeher linientreuer Parteisoldat. Ausgerechnet dieser Oliver Letwin war es, der Anfang Woche die Macht «seiner» Premierministerin Theresa May empfindlich beschnitt. Mit seinem Vorstoss entzog er der Regierung die Hoheit über die parlamentarische Agenda. Und setzte stattdessen die sogenannten «indicative votes» auf die Tagesordnung. Konkret: Am Mittwoch stimmte das Unterhaus darüber ab, welche Alternativen zu Mays Austrittsdeal sich die Parlamentarierinnen vorstellen könnten. Die Auswahl reichte von «No Deal» bis zu einer zweiten Volksabstimmung. Diese «indicative votes» waren rechtlich nicht bindend – und keine davon erzielte eine Mehrheit. Am Montag soll das Prozedere wiederholt werden. Dann wird sich wohl zeigen, in welche der beiden Kategorien von Letwin-Ideen diese Aktion fällt.
Zum Schluss: Christchurch und die «Identitären»
Menschen spenden für allerlei Gutes. Zum Beispiel für die Flutkatastrophe in Moçambique. Menschen unterstützen aber auch gerne dunkle Machenschaften: So spendete der rechtsextreme Terrorist, der vorletzte Woche in Christchurch 50 Menschen in zwei Moscheen erschoss, im Jahr 2018 1500 Euro an die «Identitäre Bewegung» in Österreich. Das sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz am Mittwoch. Die Regierung prüft nun ein Verbot des Vereins wegen Verdachts auf Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung. Der Sprecher der «Identitären» bestreitet die Vorwürfe, nicht aber den Erhalt der Spende. Im Manifest, das der mutmassliche Täter ins Internet stellte, finden sich auffällig viele Übereinstimmungen mit den Losungen der Identitären.
Top-Storys: Das Beste der anderen
Mueller und die Medien: Die für viele enttäuschende Mueller-Untersuchung sei der Todesstoss für die Glaubwürdigkeit der Medien. Das meint zumindest Matt Taibbi im neusten Kapitel seines Online-Buchs «Hate Inc.».
Klimahändel: Beim Waldsterben lagen die Wissenschaftler auch daneben! Es gab schon immer Warm- und Kaltzeiten. CO2 ist harmlos. Die «NZZ» hat mit zwei Forschern über die gängigsten Argumente von Klimawandelskeptikerinnen gesprochen. Praktische Argumentationshilfe für auf Twitter und am Küchentisch.
Keep it brief: Mike Isaac ist Tech-Reporter der «New York Times». Es ist also sein Job, das «nächste grosse Ding» nicht zu verpassen. Nun hat er das derzeit heisseste grosse soziale Netzwerk ausfindig gemacht. E-Mail.
Politik wie Primaten: Erinnern Sie sich daran, wie Donald Trump in den republikanischen Vorwahlen seine Rivalen demütigte, indem er sich aufblähte, seine Stimme senkte und sie mit erniedrigenden Spitznamen wie «Low-Energy Jeb» beleidigte? Ein grossartiger Podcast des «Guardian» zeigt auf, dass sich Trump nicht zufällig zum Affen machte: Tiere betreiben sehr ähnlich Politik wie wir Menschen.
Menschlicher Kontakt als Luxusgut: Während Bildschirme immer billiger werden, kosten menschliche Kontakte immer mehr. Wer nicht reich ist, hat deshalb immer mehr mit Bildschirmen zu tun – beim Lernen, beim Leben, beim Sterben. Die «New York Times» über eine Entwicklung, die eben erst begonnen hat.