Was Ihnen an der Republik gefällt – und was nicht
Zahlen, Fakten, Stimmen: Beiträge zum Zustand der Republik. Im ersten Teil geben wir einen Einblick in das Feedback der Verlegerschaft.
Von Ihrem Expeditionsteam, 18.03.2019
Wir sind nun seit einem Jahr und gut zwei Monaten online. Nach unserer Erneuerungskampagne mussten wir erst einmal kollektiv Luft holen. Dummerweise war die dann voller Grippeviren.
Doch das Rothaus füllt sich wieder. Und wir haben im jungen zweiten Jahr bereits viel umgestellt, umgebaut – umorganisiert. Wir glauben, der Boden ist gelegt für das zweite Jahr.
Dazu lesen Sie mehr in den nächsten beiden Teilen dieser kleinen Serie.
Doch bevor wir nach vorn schauen, ein wenig Retrospektive. Was hat Sie bis jetzt überzeugt, liebe Verlegerin, lieber Verleger? Und was stört Sie?
Was Ihnen an der Republik gefällt
Gut gefällt mir, dass am Angebot gearbeitet wird und auf die Rückmeldungen aus der Leserschaft gehört wird.
Die nachfolgende Grafik stammt aus der Verlegerumfrage, die wir Ende 2018 durchgeführt haben. Etwas über 3320 Verlegerinnen und Verleger haben daran teilgenommen.
Schlüsselt man die Umfrage ein wenig auf (und kombiniert man sie mit den Rückmeldungen, die uns täglich erreichen), dann ergibt sich daraus folgende grobe Liste, was Sie aus unserem Angebot überzeugt:
der Mix aus Aktualität und Hintergrund
die fundierten Recherchen, die vertiefenden Erklärartikel und die Serien
Hartnäckigkeit und Mut
(Bild-)Sprache, Stil, Sorgfalt
die regelmässigen Formate
der Leserinnen-Service (Erste-Hilfe-Team)
das Niveau der Debatten und der Dialog mit der Redaktion
die Transparenz und der Einbezug als Verlegerin
Nachfolgend ein paar exemplarische Stimmen dazu.
Besonders freut uns, dass Sie das Rückgrat des publizistischen Konzepts schätzen – die Recherchen, die Erklärartikel und die Beiträge, die in die Tiefe gehen.
Ich liebe Ihre sehr, sehr, sehr langen Artikel, wie jenen über Amerika ganz am Anfang letzten Jahres. Oder auch jenen über die Migros letzthin, oder LSD vor ein paar Wochen. Für mich hätten die beiden letzten ganz und gar nicht dreigeteilt werden müssen.
Und auch, dass Sie es schätzen, wenn wir Haltung zeigen. An einem Thema dranbleiben, auch wenn es wehtut. Und uns dem Dialog nicht verweigern.
Ich spüre als Leserin, dass euch der Journalismus und die Suche nach der Wahrheit am Herzen liegen. Ihr glaubt an das, was ihr macht.
Dass ich als Verlegerin mitreden oder Fragen zu Themen stellen kann und eine persönliche Antwort erhalte – das gefällt mir!
Etwas vom Interessantesten an der Republik ist für mich die Meta-Ebene, d. h. die Berichterstattung über das eigene Unternehmen.
Besonders wahrgenommen werden drei thematische Schwerpunkte der Republik. Die Justizberichterstattung, die Wirtschaft und die Digitalisierung.
«Auf lange Sicht» ist sehr toll – faktengesättigte pragmatische Analysen!
Ich mag «Am Gericht» sehr, da ich finde, dass diese Artikel unser Rechtssystem sehr gut erklären. Ich wünsche mir mehr davon!
Bei Digitalisierungsthemen schlagt ihr die etablierten Medien um Längen.
Unser jüngstes Kind, das Feuilleton, hat zum Start stark polarisiert. Ein paar Monate später hat es deutlich mehr überzeugte Anhängerinnen. Die thematische Verbreiterung scheint Früchte zu tragen.
Ich freue mich, dank dem Feuilleton immer wieder spannenden Künstlerinnen zu begegnen, von denen ich sonst wohl nie erfahren hätte.
Ebenfalls eine erfreuliche Rückmeldung, weil wir einen nicht unerheblichen Teil der Ressourcen in die Sicherung und die Steigerung der Qualität von Texten, Bildern und allem drumherum stecken – bei Ihnen kommt das an!
Am allermeisten gefällt mir der Stil! Die Höflichkeit, der Anstand, der Humor, mit dem ihr zu Werke geht!
Zu den dicksten Einträgen auf der Haben-Seite zählt das Erste-Hilfe-Team.
Ich war heute in der Redaktion und bat um Hilfe beim Einrichten der App. Wenn man überall so charmant und unkompliziert Hilfe bekäme, sähe die Welt sicher anders aus.
Was Ihnen an der Republik missfällt
Ich vertraue Ihnen nicht, weil ich glaube, Sie hängen am selben Tropf wie die Politiker: am Narziss-Tropf. Am Honigtopf-Tropf. Sie haben sich durch Absichtsbekundungen ins Gespräch gespielt und diese Aufmerksamkeit nie wirklich gerechtfertigt.
Wir gehen davon aus: Die meisten Teilnehmerinnen der Verlegerumfrage haben sich geäussert, weil sie sich besonders intensiv mit der Republik beschäftigen.
Vor diesem Hintergrund gibt uns zu denken, was wir zur Länge unserer Beiträge vernehmen. In der Verlegerumfrage hat eine Mehrheit von Ihnen diese als zumindest «manchmal» zu lang empfunden.
Auch in persönlichen Gesprächen, Blattkritiken und Kündigungs-E-Mails hören wir diese Rückmeldung regelmässig. Ein typisches Beispiel:
Bei euch hat man den Eindruck, dass niemand einem Autor oder einer Autorin sagt: «Das ist zu lang, kürze um ein Drittel.» Meine Zeit als Leser ist auch nicht gratis.
Die Artikel sind mir zu langatmig. Nicht immer ist jedes Detail wichtig oder notwendig für die Meinungsbildung.
Versucht man dasselbe Destillat wie beim Lob, lässt sich die Kritik (nebst der Länge der Beiträge) ungefähr auf folgende Liste eindampfen:
zu viele Beiträge pro Tag
das Pathos in der Verlegeransprache
Meinungen und Meinungseinfalt («zu links», «zu strukturkonservativ», zu «Nato-konform»)
das Feuilleton und seine Einbettung ins Magazin
zu geschwätzige oder schlecht strukturierte Newsletter
Unübersichtlichkeit im Layout
Auch hier ein paar Stimmen dazu.
Alle paar Wochen entzündet sich an einzelnen Beiträgen Streit um die redaktionelle Linie der Republik – und flacht dann wieder für eine Weile ab. Grundsätzlich gibt es grob zwei Lager an Kritikerinnen. Die einen finden: «zu erwartbar links». Die anderen sehen uns als «zu sehr Mainstream, ja systemkonservativ».
Mir missfällt, dass für meinen Geschmack zu wenig kritisch politisch linke Positionen hinterfragt werden. Bei rechten Anliegen geschieht dies mehr meiner Ansicht nach.
Für mein persönliches Empfinden ist die Republik auch noch zu weit im Bereich Nato-konform.
Man liebt oder hasst ihn, den Duktus der Republik.
Mein Interesse am Republik-Projekt stirbt je länger, je mehr an einer Pathos-Überdosis.
Nicht ganz wegdiskutieren lässt sich das Machtgefälle in unserem Dialog. Wir versuchen unserer Verlegerschaft mit dem angemessenen Ernst und mit Freundlichkeit zu begegnen. Immer gelingt uns das nicht.
Wer die heiligen Positionen der Autoren kritisiert, bekommt den Ärger und die Missbilligung ihrer Fans zu spüren. Diese Zweiklassen-Moral zieht sich wie ein roter Faden durch mein buntes Republik-Leben.
Während uns zum Feuilleton unterdessen tendenziell mehr positive als kritische Voten erreichen, polarisiert es doch weiterhin.
Ich bin vom Feuilleton enttäuscht. Es ist elitär, zu theater- und opernlastig, zu schöngeistig [...]. Ich wünsche mir mehr Schräges, Neues, Undergroundiges, Nischen, Funde, Überraschungen, auch in Bezug auf Literatur und Musik.
Auch an der Präsentation können wir in den Augen mancher noch arbeiten.
Etwas mehr Übersichtlichkeit, etwas weniger Blog-Ästhetik wäre wünschenswert, und das besonders, weil das sehr grosszügige – und zugegeben schön bunte – Layout der Seite für eine Leserschaft angelegt scheint, die ansonsten mit der Lupe unterwegs ist.
Zum Abschluss die Aufforderung eines Verlegers, der uns am Ende einer kritischen E-Mail Folgendes mitgegeben hat.
Es liegt an Ihnen, nun Taten folgen zu lassen.
Einverstanden. Messen Sie uns daran.