Was diese Woche wichtig war

Spitalstreit in Basel, Korruption in Brasilien – und weisse Vielfalt

Woche 6/2019 – das Kurzbriefing aus der Republik-Redaktion.

Von Adelina Gashi und Isabelle Schwab, 08.02.2019

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Maduro macht die Schotten dicht

Darum geht es: Auf Befehl von Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro blockiert das Militär Hilfsgüter an der Grenze zu Kolumbien. Er bezeichnet die Lieferungen als Vorwand für eine amerikanische Militärintervention.

Ein Benzintank und Schiffscontainer versperren auf der Tienditas-Brücke in Cúcuta, Kolumbien, den Zugang zu Venezuela. Staatschef Nicolás Maduro will die humanitäre Hilfe der USA nicht zulassen. Ivan Valencia/Bloomberg/Getty Images

Warum das wichtig ist: In Venezuela tobt ein Machtkampf zwischen Staatschef Nicolás Maduro und Juan Guaidó, dem Präsidenten der National­versammlung. Letzterer hat sich am 23. Januar zum Interims­präsidenten des Landes ernannt und Maduro damit herausgefordert. Guaidó verspricht, faire Neuwahlen zu ermöglichen und die Diktatur zu beenden. Der Interims­präsident befürwortet die Lieferung von Hilfs­gütern ins arg gebeutelte Venezuela. Kolumbien, aber auch Deutschland und die USA haben Hilfe in Millionen­höhe zugesagt. Vor allem Lebens­mittel und Medikamente werden dringend benötigt.

Was als Nächstes geschieht: Nachdem die USA und 19 EU-Länder Juan Guaidó als Interims­präsidenten anerkannt haben, steigt der Druck auf Maduro. Zahlreiche Nachbarländer sowie 11 amerikanische Nationen der sogenannten Lima-Gruppe fordern Massnahmen, um Maduro zur Aufgabe zu zwingen. Derweil schwindet Russlands Unterstützung für Maduro. Neuwahlen scheinen möglich. Doch die Gefahr eines bewaffneten Konflikts ist nicht gebannt.


Basel hat einen Notfall

Darum geht es: Die beiden Basel stimmen am kommenden Sonntag über die Fusion des Kantonsspitals Baselland mit dem Universitätsspital Basel ab. Die beiden Kranken­häuser sollen sich zur Universitäts­spital Nordwest AG zusammenschliessen.

Warum das wichtig ist: Bei einer der wichtigsten Abstimmungen der letzten Jahre in der Region Basel geht es um viel Geld und Arbeitsplätze. Im September 2018 hatte der Baselbieter Landrat dem Staatsvertrag zur Zusammenführung der Spitäler deutlich zugestimmt, genauso wie der Grosse Rat von Basel-Stadt. Nun hat die Stimm­bevölkerung das letzte Wort. Wie sehr die Frage spaltet, verdeutlichen die konträren Positionen der SP Basel-Stadt und der SP Baselland. Während die städtischen Sozial­demokraten die Vorlage klar ablehnen, ist die Baselbieter SP für die Spitalfusion. Die Befürworterinnen argumentieren, dass nur eine Zusammen­führung das Überleben der Spitäler auf lange Sicht garantieren könne. Es gäbe weniger leere Betten, Kosten würden gesenkt und der Forschungs- und Medizin­standort Basel gestärkt. Die Gegnerinnen warnen vor schlechteren Anstellungsbedingungen für die Spitalangestellten und Stellenabbau. Die Vorlage sei bloss eine Rettungs­aktion für das defizitäre Kantons­spital Baselland.

Was als Nächstes passiert: Eine Annahme würde für die verschiedenen Standorte grundlegende Reorganisationen bedeuten. Das Bruderholz­spital beispielsweise würde zum Orthopädie­zentrum ausgebaut.


Bolsonaros Erstgeborener in Bedrängnis

Darum geht es: Flávio Bolsonaro, dem ältesten Sohn des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, werden Verbindungen zu Auftrags­mördern und Korruption vorgeworfen.

Warum das wichtig ist: Anfang Jahr hat Jair Bolsonaro, der immer wieder durch rassistische und sexistische Äusserungen aufgefallen ist, sein Amt als Präsident Brasiliens angetreten. Seine Anhänger sehen ihn als Hoffnungs­träger, besonders im Kampf gegen die Korruption. Genau diese wird nun seinem Sohn Flávio vorgeworfen. Am Mittwoch wurde eine Strafuntersuchung wegen Geldwäsche und Unregelmässigkeiten im Wahlkampf gegen ihn publik. In seine Zeit als Abgeordneter von Rio de Janeiro fallen verdächtige Immobilien­transaktionen. Damit wird die Liste von Untersuchungen gegen den Präsidenten­sohn um eine Zeile länger. Bereits im Dezember waren Korruptions­vorwürfe laut geworden: Flávio Bolsonaros Chauffeur hatte ungewöhnlich hohe Geld­summen bewegt – darunter fanden sich auch Zahlungen an den Präsidenten­sohn und an die Präsidentengattin.

Gegen den Sohn des Präsidenten Flávio Bolsonaro (Mitte), im Bild mit Bruder Carlos, läuft eine Strafuntersuchung wegen Geldwäsche und Wahlkampfunregelmässigkeiten. Eraldo Peres/AP Photo/Keystone

Besonders Bolsonaros Verbindungen zur organisierten Kriminalität geben in Brasilien zu reden. Die linke, lesbische, schwarze und polizeikritische Lokal­politikerin Marielle Franco ist vor bald einem Jahr in Rio auf offener Strasse erschossen worden, mutmasslich ein politisches Attentat. Die Polizei hat Haftbefehle gegen zwei führende Köpfe einer berüchtigten Miliz ausgestellt, zwei ranghohe Ex-Polizisten. Einer davon hat Verbindungen zu Flávio Bolsonaro: Der Präsidenten­sohn hatte sowohl dessen Mutter wie auch dessen Ehefrau bis 2018 als Beraterinnen auf seiner Lohnliste geführt.

Was als Nächstes passiert: Interessant ist die Frage, wie sich der neue Justizminister Sérgio Moro verhalten wird. Der ehemalige Untersuchungs­richter hat sich in den letzten Jahren einen Namen als harter Korruptions­jäger gemacht. Gerade deshalb hat ihn Jair Bolsonaro zum Justiz­minister ernannt.


Mehr als Fahrlässigkeit

Darum geht es: Die Firma, die damit beauftragt war, den Zustand der zusammengestürzten Morandi-Brücke in Genua zu evaluieren, soll ihr Gutachten gefälscht haben.

Warum das wichtig ist: Am 14. August 2018 kamen beim Einsturz der Morandi-Brücke 43 Personen ums Leben. Rund 250 Familien wurden obdachlos. Die Brücke wurde zum Symbol des politischen Zerfalls Italiens. Erstmals gehen die Ermittler nun von einer Straftat aus. Es sieht ganz so aus, als ob ein Gutachten der Brücke gefälscht wurde und anhand der falschen Daten falsche Entscheide gefällt wurden. Die manipulierten Daten sollen den Zustand der Brücke besser dargestellt haben, als er wirklich war.

Was als Nächstes geschieht: Diese Woche haben die Arbeiten zum Abbruch der Brücken­ruine begonnen. Laut dem Bürger­meister Genuas, Marco Bucci, soll bereits Ende Jahr eine neue Brücke stehen.


Zum Schluss: White Supremacy mal anders

Der amerikanische Kongress ist überwiegend weiss. Und während der Rede Donald Trumps zur Lage der Nation war er sogar noch weisser als sonst. Doch für einmal war das kein Zeichen von fehlender Vielfalt – ganz im Gegenteil. Seit den Wahlen im November sitzen 102 Frauen im Kongress, ein Rekord. Viele von ihnen trugen während der Ansprache des Präsidenten am Dienstag­abend Weiss. Sie ehrten damit die Suffragetten, die vor hundert Jahren – ganz in Weiss gekleidet – für ein flächendeckendes Frauen­wahlrecht in den USA kämpften.


Top-Storys: Mit Ton und in Farbe

Women of Color: Als schwarze Frau und Tochter von Immigranten fühlte sich Tara Pixley auf den Nachrichten­redaktionen, wo sie arbeitete, oft isoliert. Mit dem Kollektiv Authority, dem mittlerweile 150 Fotografinnen, Transgender-Personen und non-binäre Fotografierende angehören, hinterfragt sie Klischees und bricht mit dem Bild von Women of Color in den Medien – James Estrin für die «New York Times» über Diversität und eine bemerkenswerte Idee.

Russisches Blau: Russen haben zwei Worte für Blau, goluboy für Hellblau und sinij für Dunkelblau. Eine Studie kam nun zum Schluss, dass es Russen deshalb leichter fällt, unterschiedliche Blautöne wahrzunehmen und zu benennen. ­Dabei wird die Annahme, dass Sprache unsere Wahrnehmung formt, von Wissenschaftlern weitgehend abgelehnt – Catherine L. Caldwell-Harris macht sich dazu in «Scientific American» Gedanken.

Humorloses Amerika: Comedian Nimesh Patel wurde in den USA von der Bühne geholt, weil er nach Meinung des Publikums unsensible Witze über Hautfarbe gemacht hat. Warum es für den gesellschaftlichen Diskurs wichtig ist, dass ein Comedian Menschen auf die Füsse tritt, erläutert Konstantin Kisin im Onlinemagazin «Quillette».

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