Shutdown beendet, Dammbruch in Brasilien – und das traurige Ende der einsamsten Ente
Woche 5/2019 – das Kurzbriefing aus der Republik-Redaktion.
Von Michael Kuratli, 01.02.2019
USA: Trump gibt auf, Shutdown beendet
Darum geht es: Nach mehr als einem Monat wurde der teilweise Stillstand der amerikanischen Bundesverwaltung in den USA beendet, nachdem Präsident Donald Trump seine Forderung nach sofortiger Finanzierung einer Grenzmauer zu Mexiko aufgegeben hatte. Staatsdienste nehmen langsam wieder ihren Normalbetrieb auf, und rund 800’000 Staatsangestellte sollen gemäss einem temporären Budgetvertrag nachträglich entlöhnt werden.
Warum das wichtig ist: 11 Milliarden Dollar soll der shutdown gekostet haben. Doch so genau wissen die Behörden nicht, welchen Schaden der partielle Stillstand der Verwaltung bei rund einem Viertel der staatlichen Betriebe angerichtet hat. Schliesslich war auch das Statistikamt mehr als einen Monat lang geschlossen, was die Erhebung aussagekräftiger Zahlen verunmöglicht. Letztlich sollen die fehlenden Fluglotsen an verschiedenen Ostküsten-Flughäfen sowie der drohende Zusammenbruch des Flugverkehrs Trump zum Einlenken gebracht haben. Ein neues Budgetgesetz regelt den Normalbetrieb nun zumindest vorübergehend für drei Wochen. Über den strittigen Punkt der von Trump geforderten Mauerfinanzierung soll separat verhandelt werden.
Was als Nächstes geschieht: Das unterschriebene Gesetz garantiert die Lohnzahlungen an Staatsangestellte, die im letzten Monat unentgeltlich gearbeitet hatten. Ausgeklammert sind jedoch Vertragsarbeiterinnen, die nicht direkt beim Staat angestellt sind. So weiss beispielsweise ein grosser Teil des Putz- und Sicherheitspersonals noch nicht, ob es seine ausgefallenen Löhne erhalten wird. Innert dreier Wochen müssen Parlament und Regierung nun eine definitive Lösung für das Jahresbudget finden.
Tödliche Umweltkatastrophe in Brasilien
Darum geht es: Bei einem Dammbruch in der brasilianischen Region Minas Gerais kamen mindestens 84 Personen ums Leben. Mehr als 276 Menschen werden nach wie vor vermisst. Der Damm hatte giftigen Aushub zurückgehalten, der sich danach über die Region ergoss.
Warum das wichtig ist: Es war bereits das zweite Mal innert zweier Jahre, dass in Brasilien der Damm eines Rückhaltebeckens mit giftigem Minenaushub brach. Und zum zweiten Mal ist der ehemals staatliche Förderkonzern Vale involviert. Nach dem Unglück am letzten Freitag blockierte die Justiz die Gelder auf dem Firmenkonto für mögliche Schadenersatzzahlungen und verurteilte das Unternehmen zu ersten Zahlungen in der Höhe von 81 Millionen Euro. Dem Konzern wird vorgeworfen, die Sicherheit der Dämme systematisch vernachlässigt zu haben. Der nun betroffene Damm war 1976 nur aus Aushubmaterial selber aufgeschüttet worden. Über zweihundert Dämme in der Minenregion sind gemäss der nationalen Wasserbehörde als hohes Risiko eingestuft.
Was als Nächstes geschieht: Die Zahl der Toten könnte in den nächsten Tagen in die Hunderte gehen, wenn keine Überlebenden mehr gefunden werden. Das Volk appelliert nun an den neuen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, die Sicherheitsbestimmungen zu verschärfen.
Unterhaus sagt Nein zu No-Deal-Brexit
Darum geht es: Das britische Parlament stimmte über mehrere Änderungsanträge bezüglich des Brexit-Deals von Premierministerin Theresa May ab. Eine Mehrheit befand, dass ein EU-Austritt ohne Vertrag nicht infrage kommt. Trotzdem bleibt das Austrittsdatum Ende März unverändert bestehen.
Warum das wichtig ist: Nachdem das Parlament Theresa Mays Brexit-Deal abgeschmettert hatte, stimmte es über mehrere Änderungsanträge ab. Der Vorstoss, Neuverhandlungen mit der EU bezüglich der irisch-nordirischen Grenze zu suchen, fand dabei eine Mehrheit. Dies, obwohl die EU diesbezüglich keinen Verhandlungsspielraum signalisierte und das Vorhaben der Briten umgehend ablehnte. Nachdem eine Parlamentsmehrheit einen EU-Austritt ohne Deal in einem anderen, wenn auch nicht bindenden Antrag ablehnte, kündigte Oppositionsführer Jeremy Corbyn an, das Gespräch mit May zu suchen. Dies hatte er zuvor verweigert.
Was als Nächstes geschieht: Die Chancen, dass May an ihrem Deal in Brüssel noch schrauben kann, sind verschwindend gering. Kritiker befürchten, dass die Premierministerin auf Zeit spielt und am Ende ihr Deal als einzige annehmbare Lösung übrig bleiben wird. Die konservative Regierungspartei ist tief gespalten und lähmt damit einen wirklichen Fortschritt beim Brexit.
Kompromiss bei Verhandlungen mit Taliban
Darum geht es: Im Zusammenhang mit Friedensverhandlungen zwischen den USA und den Taliban sprechen die Amerikaner von einem Fortschritt. Sie konnten der Miliz die Garantie abringen, künftig keinen Terroristen Unterschlupf auf afghanischem Gebiet zu gewähren. Derweil wird in Afghanistan befürchtet, die Taliban könnten an die Macht zurückkehren.
Warum das wichtig ist: 17 Jahre ist es her, dass die USA nach den Anschlägen von 9/11 in Afghanistan einmarschierten. Das streng islamistische Regime der Taliban verlor darauf die Macht, und eine international anerkannte Regierung wurde aufgebaut. Doch die Taliban sind nie verschwunden und gewinnen im Kampf gegen die Regierungstruppen stetig an Boden. Die ehemaligen Machthaber sprechen nicht mit der gewählten Regierung. Diese befürchtet, dass sie nach den Friedensgesprächen mit den USA vor vollendete Tatsachen gestellt wird und die Taliban das Land dennoch mit Gewalt zurückerobern werden. Noch vor wenigen Wochen weigerten sich die Taliban, mit den USA zu sprechen. Die Befürchtung, dass sie ein doppeltes Spiel spielen, ist deshalb nicht unbegründet.
Was als Nächstes geschieht: Die USA wollen ihre Truppen abziehen und die Taliban zu direkten Gesprächen mit der Regierung bewegen. Diesem Ziel sei man mit den Verhandlungen in Doha, Katar, einen Schritt nähergekommen. Das Friedensabkommen soll beinhalten, dass die USA sich innert 18 Monaten zurückziehen.
Zum Schluss: Der Pazifikstaat Niue trauert um eine Ente
Nach der Ente rechts abbiegen: Das war eine Anweisung, die auf dem pazifischen Inselstaat Niue nicht unüblich war. Schliesslich war Trevor die einzige Ente auf der Insel und wurde deshalb auch die einsamste Ente der Welt genannt. Wahrscheinlich war er während eines Sturms vom 2400 Kilometer entfernten Neuseeland auf die Insel getragen worden, er erlangte nach dem Besuch einer neuseeländischen Reporterin auch bei den südlichen Nachbarn Berühmtheit. Nun ist Trevor gestorben. Knapp ein Jahr nachdem er sich in einer Pfütze am Strassenrand angesiedelt hatte, wurde er von einem Hund attackiert und später tot im Gebüsch gefunden. Dies sei «eine traurige Zeit für Niue», sagte Rae Findlay von der Handelskammer des Landes.
Top-Storys: Pralinen für das Gehirn
Giftige Schiffe: Wer ausgediente Hochseeschiffe umweltgerecht entsorgen will, zahlt viel Geld dafür. Günstiger, gefährlicher und dreckiger geht das an ostasiatischen Stränden, wo giftige Kreuzer aus der ganzen Welt zerlegt werden – mit verheerenden Folgen für die Umwelt. Gie Goris und Nicola Mulinaris gewannen mit ihrer eindrücklichen Reportage über das «Beaching» den Investigation Award des «Public Eye».
Rettung aus Teheran: Tony Mendez, der in einem filmreifen Stunt sechs amerikanische Diplomaten rettete, die während der Revolution im Iran in Geiselhaft genommen worden waren, ist gestorben. Mendez’ Nachruf in der «New York Times» erinnert an die aussergewöhnliche Rettungsaktion.
Fleisch aus Pflanzen: Bruce Friedrich, Direktor des Good Food Institute, plant die Fleischrevolution im grossen Stil. In zehn Jahren werde mit pflanzlich erzeugtem Fleisch auch ein T-Bone-Steak möglich sein, sagt er im Podcast «The Ezra Klein Show».
Dreckige Luft, dreckige Politik: In der Mongolei protestieren seit Ende Dezember Tausende gegen die starke Luftverschmutzung in der Hauptstadt Ulaanbaatar. Hinter der Umweltkrise steht auch die Krise des demokratischen Staates, wie der Beitrag von Christian Sorace und Sanchir Jargalsaikhan bei «Jacobin» zeigt.