Mein Auto hintergeht mich
Von Michael Rüegg, 31.01.2019
Vor kurzem lag eine Nachricht in meinem Mail-Postfach. Sie stammte von meiner Autogarage, also der Firma, die mir mein Auto verkauft hat.
Man habe versucht, war darin zu lesen, mich anzurufen. Denn mein Auto habe Kontakt mit der Werkstatt aufgenommen, weil es einen Service benötige. Ich solle doch so nett sein und mich melden, um einen Termin zu vereinbaren.
Mein Auto steht die meisten Tage im Untergeschoss, in der Tiefgarage. Offenbar hat es dort viel Zeit, über sich nachzudenken. Und eines Tages hat es eben bei der Garage angeklopft und seinen Servicebedarf angemeldet.
Irgendwie praktisch, schliesslich bin ich in der Regel zu nachlässig, um derartige Termine auszumachen. Fragen Sie mal meine Waschmaschine, die demonstriert mir ihren Servicebedarf regelmässig, indem sie das halbe Bad unter Wasser setzt.
Dennoch war ich leicht konsterniert: Geräte, die hinter meinem Rücken kommunizieren, hinterlassen einen fahlen Beigeschmack.
Dabei könnte ich – so ich denn mal die Bedienungsanleitung läse – sogar meinen Google-Kalender mit dem Auto synchronisieren. Dann würde es vermutlich den Termin mit der Werkstatt selber ausmachen und mich nur noch daran erinnern, dass ich dann und dann dorthin zu fahren habe.
Wenn eines Tages endlich die selbstfahrenden Autos da sind, muss ich auch nirgendwo mehr hinfahren. Dann rollt meine Karre allein zur Tanke, vermutlich auch einkaufen. Vielleicht macht der Wagen bei schönem Wetter auch mal ohne mich eine Spritztour über den Klausenpass. Möglich auch, dass mein Auto dann ohne mein Wissen als Uber jobbt und die dabei gemachte Kohle auf einem Offshore-Konto hortet.
Gelegentlich muss ich mich dafür entschuldigen, dass ich ein Auto besitze. Ist ja nicht nötig, reiner Luxus, wobei, praktisch sind sie ja, diese Kraftfahrzeuge. Ich werde künftig mit dem Hinweis antworten, dass mein Auto und ich den Status quo geniessen, solange wir können. Denn in absehbarer Zeit wird es mich nicht mehr brauchen, weil es sein eigenes Leben führt. Wer weiss, vielleicht wird sich dann mein Auto ein klein wenig für mich schämen.
So sehr mich die Vorstellung von immer selbstständiger agierenden Autos amüsiert, eine Frage lässt mich seither nicht mehr in Ruhe:
Wenn schon mein Auto ohne mein Wissen Informationen mit anderen teilt, was machen wohl mein Smartphone und mein Laptop den lieben langen Tag?