Drei Vorsätze für ein langes Männerleben
Die Lebenserwartung steigt von Jahr zu Jahr. Aber nicht auf der ganzen Welt – und nicht für beide Geschlechter. Eine Datenschau.
Von Simon Schmid, 07.01.2018
Jahreswechsel sind eine beliebte Zeit, um das Leben neu zu sortieren. Falls Sie noch keine Vorsätze für 2019 gefasst haben – und besonders, falls Sie ein Mann sind: Hier sind drei demografisch inspirierte Ideen.
1. Weniger rauchen, weniger saufen
Überraschung! Tabak- und Alkoholkonsum gefährdet Ihre Gesundheit. Wer weniger raucht und nicht so viel trinkt, minimiert viele Krankheitsrisiken.
Natürlich wussten Sie das bereits. Aber wussten Sie auch, dass sich dieser Sachverhalt eins zu eins in der Statistik nachvollziehen lässt?
Hier zwei Kurven, welche die Lebenserwartung bei der Geburt zeigen. In Dunkelrot für Frauen, in Hellrot für Männer in der Schweiz.
Aus der Grafik lassen sich zwei Dinge ablesen. Erstens: Sowohl Frauen als auch Männer werden immer älter. Die Lebenserwartung ist gestiegen: von 74,1 beziehungsweise 68,7 Jahren im Jahr 1960 auf 85,6 beziehungsweise 81,7 Jahre im Jahr 2016. Ursachen für diesen Trend, der sich in allen Ländern beobachten lässt, sind der medizinische Fortschritt und der zunehmende materielle Wohlstand.
Zweitens zeigt die Grafik: Der Abstand zwischen Frauen und Männern hat sich verringert. Zwischenzeitlich lag die Differenz der Lebenserwartungen bei über 6 Jahren. Heute leben Frauen nur noch 3,9 Jahre länger als Männer.
Grund für diesen Trend sind vor allem Verhaltensänderungen von Männern: Sie rauchen weniger und trinken weniger Alkohol als früher, dadurch reduziert sich die Sterblichkeit in der Folge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Umgekehrt nehmen gesundheitsschädigende Verhaltensweisen (Rauchen, Betäubungsmittel, Berufsstress) bei den Frauen leicht zu. Auch dieser Befund gilt ähnlich in vielen Ländern, zum Beispiel in Schweden.
Genetisch bedingt ist nach Schätzung von Medizinern bloss ein Unterschied von rund drei Jahren. Also, liebe Männer: Wollen Sie dereinst ähnlich lang leben wie heute die Frauen (nämlich 86,1 Jahre lang – so, wie es das Bundesamt für Statistik in einem Szenario voraussieht), dann gibt es nur eines: Zigaretten ausdrücken. Und das Oktoberfest nicht schon im Februar feiern, sondern tatsächlich dann, wenn es stattfindet: im Herbst.
2. Nicht nach Amerika auswandern
In praktisch allen Ländern der Erde ist die Lebenserwartung gestiegen. Nur in einem Land ist sie seit Mitte dieses Jahrzehnts gefallen: in den USA.
Hier die dazugehörigen Kurven. Die Lebenserwartung von Frauen liegt in den USA 4,5 Jahre, jene für Männer sogar 5,6 Jahre tiefer als in der Schweiz.
Verantwortlich für den Rückgang der Lebenserwartung ist die gestiegene Anzahl von Todesfällen insbesondere bedingt durch den Drogenkonsum. 1999 starben in den USA noch 4 Frauen und 8 Männer pro 100’000 Einwohner an einer Überdosis. Vergangenes Jahr lagen die Fallzahlen deutlich höher: 14 Frauen und sogar 29 Männer unter 100’000 Einwohnern verloren ihr Leben als Folge von Drogenkonsum.
Falls Ihnen ein langes Leben also wichtig ist, werte Herren: Ziehen Sie nicht in eine Gegend, die sich im epochalen industriellen Niedergang befindet, die über ein katastrophales Gesundheitssystem verfügt oder in der 4 von 10 Erwachsenen übergewichtig sind. Ihre Gesundheit wird es Ihnen danken.
Das ist kein Witz! Studien zeigen nämlich, dass die Lebenserwartung von Männern stärker von Land zu Land schwankt als jene von Frauen. Zu den Faktoren, die die Lebenserwartungen beider Geschlechter gleich stark beeinflussen, gehören etwa das BIP eines Landes und der Alkoholkonsum. Daneben schwanken andere Faktoren stärker bei Männern als bei Frauen: allgemeine Lebenszufriedenheit, soziales Engagement. Männer reagieren gesundheitlich also sensibler auf den gesellschaftlichen Kontext.
3. Fisch essen und Siesta machen
Geht es nach der Wissenschaft, so sollen Einwohner von Spanien bis in ein paar Jahrzehnten die höchste Lebenserwartung der Welt haben. Dies wegen der gesunden mediterranen Küche, die dem Körper hilft, gegen einige der häufigsten Todesursachen unserer Zeit vorzubeugen: Fettleibigkeit sowie hohe Blutdruck- und Blutzuckerwerte.
Dass Faktoren wie die richtige Ernährung künftig an Bedeutung für ein Leben bis ins hohe Alter gewinnen werden, lässt sich zivilisationsgeschichtlich begründen. Denn unsere Spezies hat viele andere Todesursachen bereits erfolgreich bekämpft: etwa die Kindersterblichkeit oder manche ansteckende Krankheit. Nichtübertragbare Krankheiten, die stark vom Lebensstil und von der Herz-Kreislauf-Funktion abhängen, werden für die Lebenserwartung künftig eine noch grössere Rolle spielen als heute.
Auch die japanische Küche mit dem vielen Reis, mit Soja, Fisch und den darin enthaltenen ungesättigten Fettsäuren verhilft übrigens zu Langlebigkeit. Sie gilt als ein Grund, warum die Menschen in Japan die höchste Lebenserwartung der Welt aufweisen (daneben spielen auch genetische Vorbedingungen und der Lebensstil eine Rolle, mehr dazu gleich).
Aber aufgepasst: Gerade als Mann sollten Sie vorsichtig sein, was japanische Angewohnheiten betrifft. Während die Lebenserwartung von Japanerinnen stetig gestiegen ist – und 1,5 Jahre höher liegt als jene von Schweizerinnen –, haben die japanischen Männer über die Jahrzehnte an Terrain eingebüsst. Ihre Lebenserwartung liegt 0,7 Jahre tiefer als jene von Schweizern.
Alle Angaben stammen aus der Datensammlung der OECD. Die Lebenserwartung ist definiert als Zeitdauer in Jahren, die ein neugeborenes Kind im Durchschnitt leben wird, und zwar bei den gegenwärtig beobachteten Sterberaten. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Sterberaten in Zukunft voraussichtlich tiefer sein werden als heute. Die tatsächliche Lebenserwartung der heutigen Neugeborenen ist also sehr wahrscheinlich höher als jene Lebenserwartung, die in den Daten ausgewiesen wird. Sie lässt sich aber im Voraus nicht berechnen.
Vor allem bis 2010 ging der «Gender Gap in Life Expectancy» (also der Unterschied der Lebenserwartung von Frauen und Männern) in Japan auf. Woran dies liegt, ist nicht restlos geklärt. Gewisse Lungen- und Leberkrankheiten, die bei Männern öfter als bei Frauen auftreten, könnten eine Rolle spielen. Ebenfalls als Erklärungsfaktor infrage kommen Suizidfälle: Japan weist eine der weltweit höchsten Selbstmordraten auf.
Davon sind vor allem Männer betroffen. Die grosse Belastung am Arbeitsplatz und die Kultur gelten als Faktoren, die diese Tendenz begünstigen. Auffallend ist auch die schwach ausgebildete Geschlechtergleichstellung: Unter allen G7-Ländern schneidet Japan beim sogenannten Gender Gap Index des World Economic Forum am schlechtesten ab. Im Index sind Dinge wie die berufliche und die politische Partizipation von Frauen zusammengefasst.
Und damit, liebe Männer, zu unserem Tipp für Sie: Setzen Sie sich für Gleichstellung ein! Lehnen Sie sich zurück, und lassen Sie im Beruf auch mal den Frauen den Vortritt. Dies könnte zwar der weiblichen Gesundheit nicht unbedingt zum Vorteil gereichen – der Jobstress und damit verbundenes Verhalten wie Rauchen könnte unter Frauen zunehmen. Aber immerhin: Ihrer eigenen Lebenserwartung als Mann wird es zugutekommen.
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