Weihnachtsgeschenke kaufen? Besser im Juli
Wie sich die Konsumentenpreise, besonders von Kleidern und Schuhen, übers Jahr hinweg verändern.
Von Simon Schmid, 24.12.2018
Keine Idee, was Sie der Freundin, dem Papa, der Nichte schenken sollen? Machen Sie sich keinen Kopf. Und schenken Sie einfach: einen Gutschein.
Ja, einen Gutschein. Das ist zwar fantasielos, aber ökonomisch gesehen das beste aller Weihnachtsgeschenke. Und zwar aus zwei Gründen.
Erstens: Sie machen bestimmt nichts falsch. Die passende Pullovergrösse, die stimmige Duftnote beim Parfüm, die angesagte Sneaker-Marke – alles wird die Beschenkte selbst auswählen und damit garantiert glücklich werden.
Zweitens: Es ist billiger. Gutscheine bringen mehr Wert für weniger Geld.
Das grosse Preis-Punktenetz
Dies allerdings nur, wenn man sie zum richtigen Zeitpunkt einlöst. Wann der Moment dafür ist, lässt sich aus Daten des Bundesamts für Statistik ablesen. Dort wird jeden Monat notiert, wie sich die Preise in der Schweiz entwickeln.
Eine Aufstellung dieser Preisdaten seit dem Jahr 2000 zeigt: Der günstigste Moment, um einzukaufen, ist im Januar und im Juli. Dann liegt die Teuerung jeweils am tiefsten: Die Preise fallen. Anders ist es üblicherweise im April oder im Oktober: Dann steigt der Index der Konsumentenpreise meist an.
Eine bildliche Vorstellung über die saisonalen Schwankungen vermittelt die folgende Grafik. Die monatliche Teuerung ist darauf farblich codiert. Blau heisst: Die Preise sind gefallen. Rot heisst: Sie sind gestiegen. Gelb-grünlich heisst: Sie sind in etwa gleich geblieben. Dargestellt ist der Zeitraum vom Januar 2000 (unten links) bis zum November 2018 (oben rechts).
Man sieht auf dem Bild, wie die blauen und die roten Punkte ein Muster bilden: Jedes Jahr reihen sie sich in ähnlicher Abfolge von neuem ein.
Shoppen zur richtigen Saison
Bevor wir auf die Gründe dafür eingehen, schauen wir uns zuerst die langjährigen Durchschnittswerte an. Wie hoch war die Teuerung im Januar oder im April, im Juli oder im Oktober im Mittel über die Jahre 2000 bis 2018?
Die Antwort darauf gibt die folgende Grafik. Sie zeigt: Im Januar war die Teuerung typischerweise um 0,3 Prozentpunkte tiefer als in den 12 Monaten zuvor. Im April war sie um 0,4 Prozentpunkte höher, im Juli um 0,6 Prozentpunkte tiefer und im Oktober um 0,3 Prozentpunkte höher.
Als erfahrener Schnäppchenjäger werden Sie nun wahrscheinlich sagen: Pah! Was sind schon 0,3 Prozent Rabatt gegenüber den Preisaktionen von 20 oder 30 Prozent, die Läden während des Ausverkaufs gewähren?
Natürlich haben Sie recht: Wegen eines Bruchteils von 1 Prozent lohnt es sich kaum, ein Geschenk im Januar oder im Juli statt im Dezember zu kaufen.
Was sich aber lohnt, ist ein tieferer Blick in die Daten des BFS. Und zwar nicht nur aus wissenschaftlichem, sondern auch aus handfestem, materiellem Interesse.
Essen kaufen geht immer
Zur Veranschaulichung zunächst nochmals eine ähnliche Grafik wie oben. Sie zeigt die saisonale Teuerung einer Untergruppe im Landesindex: den Nahrungsmitteln und nicht alkoholischen Getränken.
Die Grafik funktioniert analog der Grafik zuvor: Sie zeigt, wie hoch die Teuerung in einem bestimmten Monat üblicherweise ist, gemessen an der mittleren Teuerung der vergangenen 12 Monate. Man sieht: Bei den Nahrungsmitteln passiert preislich ähnlich wenig wie im gesamten Warenkorb. Im Herbst sinken die Preise leicht, im Januar steigen sie. Doch die Schwankungen gehen nicht über ein paar Zehntelsprozentpunkte hinaus.
Ganz anders sieht die Sache allerdings in einer anderen Untergruppe des Landesindex aus: den Kleidern und Schuhen. Hier schwanken die Preise Monat für Monat deutlich – die Abweichungen betragen 10 Prozent und mehr.
Die jährliche Rabattschlacht
Grund dafür ist die Abfolge der Kollektionen. Im Frühling und im Oktober kommt jeweils die neue Saisonmode in die Geschäfte – zu relativ hohen Preisen. Während der Sommer- und nach den Weihnachtsferien läuft dann der Ausverkauf – zu niedrigen Preisen, weil die Ware aus den Läden muss.
Zur Illustration wiederum eine ähnliche Grafik. Sie zeigt: Bei den Kleidern und Schuhen lohnt es sich, für einen Einkauf die richtige Saison abzuwarten.
So setzt im Januar und im Juli eine Rabattschlacht ein. Die Preise für Jacken, Hosen und Schuhe sinken dann durchschnittlich um rund 11 Prozentpunkte mehr, als sie sich während des restlichen Jahres verändern.
Für erfahrene Shopper wird dies freilich keine Überraschung sein: Natürlich startet nach Neujahr der Ausverkauf. Mit welcher Deutlichkeit sich dies in den offiziellen Inflationsstatistiken niederschlägt, ist dennoch erstaunlich.
Im Warenkorb hat die Untergruppe der Kleider und Schuhe nur ein Gewicht von 4 Prozent. Dennoch dominieren die dortigen Preisschwankungen das saisonale Muster des gesamten Landesindex der Konsumentenpreise.
Abgeschwächter Zyklus
Die Daten relativieren ausserdem, was vor einigen Jahren erstmals behauptet und seither öfter aufgegriffen wurde: dass das Januarloch aussterbe und in einen Preiskampf übergehe, der zunehmend das ganze Jahr andauere.
In den Statistiken zeigt sich, dass dies zwar zum Teil stimmt: Die preislichen Ausschläge sind seit einigen Jahren tatsächlich weniger hoch als früher.
Man erkennt dies an der Farbe der Punkte in der obersten Grafik, die gegen oben hin blasser werden. Oder indem man die monatliche Teuerung bei den Kleidern und Schuhen einfach auf einem normalen Linienchart abbildet.
Dieser Chart zeigt, dass die monatlichen Spitzen in den Nullerjahren noch in der Gegend von +20 und –15 Prozent lagen. Seit 2011 sind die Preisausschläge kleiner geworden: Der kräftigste Anstieg im Frühling und im Herbst liegt jeweils bei etwa 7 Prozent, der grösste Nachlass dazwischen liegt bei rund 8 Prozent.
Sie stammen vom Bundesamt für Statistik und sind online verfügbar. Hier geht es zum Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) über die lange Frist und hier zu den Detailresultaten des LIK, aufgeschlüsselt nach Untergruppen. Allgemeine Informationen zur Teuerung und wie sie gemessen wird, finden sich beim BFS.
Ganz verschwunden sind die halbjährlichen Rabatte deswegen aber nicht. Die Teuerung bei Bekleidung und Schuhen unterliegt nach wie vor einem starken Wellenmuster. Für preisbewusste Konsumenten lohnt es sich also, den Einkauf auf Januar oder Juli zu planen. Dann – und zunehmend auch in den Tagen unmittelbar um Weihnachten – werden die Preise reduziert.
Womit wir wieder bei Ihren Weihnachtsgeschenken wären. Unser erster Ratschlag dazu: Schenken Sie Ihren Liebsten – Zeit. Denn diese ist per se unbezahlbar und viel wertvoller, als jedes gekaufte Geschenk je sein wird.
Unser zweiter Ratschlag – wenn es unbedingt wieder die Krawatte, das Foulard oder ein anderes Kleidungsstück sein muss: Schenken Sie einen Gutschein, der das ganze Jahr über einlösbar ist. Dann maximieren Sie wenigstens den Wert des Couverts unter dem Tannenbaum.
Oder machen Sie sich – als Alternative dazu – möglichst früh auf die Socken. Und erledigen Sie das Christmas-Shopping bereits im Juli.
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