Telefonkabinen vs. Whatsapp
Von Adelina Gashi, 29.11.2018
Basel, November 1979. Markus wartet.
Er steht neben den neuen Telefonkabinen am Barfüsserplatz und hält Ausschau nach Bettina. Hier haben sie sich verabredet. Vor zehn Minuten hätte sie hier sein sollen. Plötzlich klingelt eines der Telefone. Zögerlich hebt Markus den Hörer ab. Es könnte Bettina sein.
«Hallo, do isch dr Markus.»
«Jä, sali Markus, do isch d Christine, s Mami vo dr Bettina.»
«Hallo, Christine.»
«D Bettina het mir gseit, ich sölli dir uf d Kabine alüte und dir sage, dass si es bitzli spöter kunnt.»
Vor fast vierzig Jahren stellt die damalige PTT am Basler Barfüsserplatz, kurz Barfi, eine Viertelkabine auf. Zeitgleich mit der radikalen Umgestaltung des Platzes, bei der die sogenannte Klagemauer vor der Kirche durch eine Treppe ersetzt und der Autoparkplatz aufgehoben wird.
Mitten in der Stadt gelegen, werden die Telefonzellen schnell zu einem beliebten Treffpunkt der Jugendszene. Für die Clubs ist man noch zu jung, für den Fernsehabend mit Mama und Papa zu alt.
Also versammelt man sich etwas abseits des Zentrums am Barfi, neben den Müllcontainern. Vier Glaskabinen mit blauen, spitzen Dächern stehen dort, zugekleistert mit Graffiti, an den Türen das Logo der PTT.
Die Kabine ist keine Schönheit. Aber sie überdauert die Zeit.
In den Achtzigerjahren existiert das Natel A (Nationales Autotelefon), das im Auto eingebaut ist oder im Koffer transportierbar: 15 Kilogramm schwer, bis zu 10’000 Franken teuer. Niemand hat so was im Ausgang dabei.
Ende der Neunzigerjahre, die PTT sind inzwischen zur Swisscom geworden, tauchen Handys auf, mit ihnen kann man nicht nur telefonieren, sondern auch SMS verschicken. Die Festnetztelefonie verliert an Bedeutung.
Nicht aber die Telefonkabinen am Barfi.
«Kunnsch hüt use?»
«Was lauft eso?»
«Chille am Barfi.»
Bis heute ist das so.
Die Kabinen bleiben Schauplatz für Dates und bierselige Zusammenkünfte. Jahrzehntelang, daran kann selbst Whatsapp nichts ändern.
Nächstes Jahr will die Swisscom die Telefonzellen entfernen.
Für viele Baslerinnen offenbar ein Grund, eine Abschiedsfeier zu veranstalten. «Aadie Delifoonkabine» heisst der Event, der nächsten März stattfinden soll. Fast 360 Menschen haben sich für die Party angemeldet.
Manche schlagen eine Umnutzung vor, um nicht ganz Lebewohl sagen zu müssen. Eine Büchertauschstation oder ein kleines Café mit Stehbar. Ein ausgefallenerer Vorschlag: ein Mini-Ozeanium. Andere reden davon, die Telefonzellen unter Denkmalschutz zu stellen.
Die Verantwortlichen beim Kanton Basel-Stadt sind skeptisch, haben aber immerhin vermeldet, «vereinzelte» Umnutzungsmöglichkeiten zu prüfen.
Vielleicht bleiben die lieb gewonnenen Kabinen Basel doch noch erhalten.