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Facebook, du Miesepeter, weg mit dir!

Von Ariel Hauptmeier, 29.10.2018

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Es gibt viele Gründe, Facebook so selten wie möglich zu nutzen. Einer davon: Es kann dir die Laune verderben.

Vor einigen Tagen war ich mal wieder dort, und das war ein Fehler. Sogleich spülte mir der Algorithmus – weiss der Teufel, warum – die Bilder der Verliebtheit einer Kollegin auf den Bildschirm. Ich kenne sie kaum, erfuhr aber, dass sie nun offenbar mit dem älteren Schriftsteller zusammen ist. Er ist sehr bekannt und etwa doppelt so alt wie sie.

Diese Information löste eine Kaskade von Fragen aus. Dabei kenne ich sie eigentlich gar nicht.

Ich fühlte mich bedrängt – was geht mich das an? Irritiert – warum zelebrieren sie ihr Glück vor aller Augen? War neugierig, klickte in ihren Stream und sah, dass sie, die Journalistin, jetzt auch literarisch schreibt. Hatte den fiesen Gedanken: Steckt er dahinter? Sah, dass sie nun viel herumkommt, dachte: wow, Glamour, verglich mein dahinplätscherndes Journalistenleben mit ihrem, das nun offenbar so richtig in Fahrt kommt, war neidisch, ärgerte mich, dass ich neidisch war, und verstimmt, dass ich mir diese lächerlichen Fragen stellte. Denn, wie gesagt, ich kenne sie eigentlich gar nicht.

Das hat mich schon vor Jahren von Facebook vertrieben: dass ich von Intimitäten überfallen werde, die mich nichts angehen. Dass mir dort Glamour vorgespielt wird. Dass sich Leute mit Nichtigkeiten brüsten. Dass sie sich öffentlich abklatschen.

Und das geht nicht nur mir so. Das Phänomen ist gut erforscht. Facebook erzeugt Stress, verstärkt unschöne Gefühle wie Eifersucht und Neid, macht traurig und kann sogar zu depressiven Verstimmungen führen. Eine wissenschaftliche Befragung von 5000 Studierenden ergab die bizarre Faustformel: ein Prozent mehr Interaktion auf Facebook gleich fünf bis acht Prozent geringeres Wohlbefinden.

Die Gründe, warum das so ist, liegen auf der Hand.

  1. Wir vergleichen uns besonders gern mit Leuten, die so sind wie wir.

  2. Wir präsentieren uns in den sozialen Medien von unserer Schokoladenseite.

  3. Unser kleines Hirn nimmt jede Information zur Hand, die da ist (Verfügbarkeitsheuristik), und überinterpretiert sie.

  4. Unser Hirn schliesst von einem gelungenen Foto auf ein gelungenes Leben (Attributionsfehler). Und kommt zu dem falschen Schluss: Die anderen sind glücklicher.

Nur ein Gegenmittel gibt es, auch das haben Forscher herausgefunden: Facebook macht zufriedener, wenn man selbst interagiert. Wer Facebook aktiv nutzt, dort mit anderen diskutiert, teilt, lobt, eigene Beiträge oder Fotos hineinstellt, sich von seiner Schokoladenseite zeigt, dessen Laune wird besser.

Dazu habe ich aber zunehmend weniger Lust. Ich wähle den anderen Weg: Facebook, du Miesepeter, weg mit dir!