Linke Väter haben Sorgen
Von Elia Blülle, 17.09.2018
«Julian hat viele Talente. Er ist kreativ. Hat eine eigene Band. War an der Rudolf-Steiner-Schule. Aufgewachsen im Breitsch. Und jetzt das … Ich kann das immer noch nicht verstehen.»
«Die Jungs stossen sich ihre Hörner ab. Das ist ihre Rebellion, mein Lieber.»
«Aber doch nicht so!»
«Das ist doch wie bei uns damals. Weisst du noch? Zaffaraya. Wir gegen die Polizei. Oder als wir 1980 heimlich von Bern nach Zürich trampten. Wir waren sogar die Jüngsten an der Opernhaus-Front. Unsere Eltern fanden das auch schrecklich. Trotzdem sind wir heute keine RAF-Terroristen.»
«Das ist doch was anderes. Das, was er hier abzieht, ist doch keine Rebellion. Ich wollte immer das Beste für Julian. Und er sollte als Erwachsener nicht jeden Tag im Büro versumpfen – wie wir beide.»
«Du wolltest schon immer das Beste? Hör dir mal zu. Du redest wie deine Eltern vor dreissig Jahren. Ziemlich spiessig.»
«Dein Sohn hat die Chance wenigstens gepackt. Nach der Matur Kunsthochschule und dann New York und jetzt eine erste Ausstellung. Gratuliere!»
«Und dein Sohn rebelliert. Wie wir damals. Wenn er dann in St. Gallen ist, wird er merken, dass die Realität härter ist, als er sich das vorgestellt hat.»
«Item.»
«Wünsch ihm alles Gute.»
«Ich hoffe nur, dass er nicht auch noch anfängt Krawatten zu tragen.
«Uff … ha. Das wäre schlimm.»
«Ist das nicht tragisch: Mein Sohn– ausgerechnet mein Sohn – an der HSG. Ein BWL-Studium bei den Yuppies. Sag mir, was habe ich nur falsch gemacht?»