Zu Blau passt Weiss am besten

«Nach der Unteroffiziersschule», erzählt mein Bekannter beim Mittagessen, «dachte ich: Wieso wirst du eigentlich nicht Polizist?» Er sei sehr sportlich gewesen, habe einen guten Leumund gehabt, und was man sonst noch so braucht, um als Ordnungshüter zu reüssieren.

Stufe um Stufe kämpfte er sich durch die Aufnahmeprüfung zur Polizeischule, erzielte einige der besten Resultate aller Anwärter bei den sportlichen Disziplinen. Doch am Ende kam eine Absage.

Von einem Freund bei der Kantonspolizei erfuhr er später, was den Ausschlag gegeben hatte: Der Bewerber hatte die falsche Hautfarbe. Zu dunkel für den Dienst in Uniform, zumindest in einer blauen Uniform. Die grüne der Armee hatte er anstandslos erhalten.

«Die waren damals noch nicht so weit», sagt der mittlerweile über Sechzigjährige, dessen Mutter früh verstorben ist. Über die Herkunft seines Vaters weiss er nichts, das Thema war in der Familie tabu. In Kuba, Tunesien, vermutlich sogar in Saudiarabien würde er gut als Einheimischer durchgehen.

Nicht aber in der Zürcher Polizeikaserne.

An den letzten Teil der Aufnahmeprüfung erinnert er sich gut. Er, der Kandidat, auf einem Stuhl in der Mitte, im Halbrund sassen Personalchef, Polizeipsychologen und diverse andere Korpsangehörige vor ihm und stellten Fragen: «Wie reagieren Sie, wenn ein Bürger sich weigert, von einem Dunkelhäutigen eine Busse zu akzeptieren?»

Mein Bekannter kam darüber hinweg, dass ihn die Polizei nicht wollte. Und auch die Polizei hat irgendwann eingesehen, dass sie einen Querschnitt der Bürgerinnen und Bürger darstellen sollte, auch optisch. Sehr weit ist sie noch nicht gekommen, aber sie bemüht sich etwas.

Der einstige Polizeianwärter wurde dann doch noch Beamter, wenn auch nicht mit Knarre und Handschellen am Gürtel. Er suchte sich den Job des zweitschärfsten Hundes im Zwinger der Ausübenden staatlicher Gewalt.

Er wurde Steuersekretär.

Kein Wunder: Im Reich der Zahlen ist jeglicher Rassismus unbekannt, man freut sich über jede. Speziell über schwarze.