Warum die SRG Ihnen nützt, selbst wenn Sie sie nicht nutzen
Die harten Fragen in der No-Billag-Debatte werden fast nie gestellt: Was bringt der öffentliche Rundfunk? Macht er die Leute klüger? Die Demokratie besser? Die Wirtschaft stabiler? Die privaten Medien ärmer? Und für welches politische Lager ist er wichtiger? Hier die Antworten aus der Forschung.
Von Mark Eisenegger und Linards Udris, 15.02.2018
Statt «Billag-Zwangsgebühren» zu zahlen, solle jeder und jede «selbst entscheiden können, für was er sein hart erarbeitetes Geld ausgeben möchte». So geht das Hauptargument der No-Billag-Initianten.
Mit ihrer Kritik an der obligatorischen Abgabe für Radio und Fernsehen stossen die Initianten auf erstaunlich viel Resonanz. Die No-Billag-Initiative löst denn auch markant mehr Medienecho aus als die meisten Abstimmungsvorlagen zuvor. Dies zeigen die Daten des Abstimmungsmonitors, zu dem wir jüngst einen weiteren Zwischenbericht veröffentlicht haben. Gleichzeitig wächst die Resonanz jener Akteure, die sich gegen die Initiative positionieren und darauf hinweisen, dass Service-public-Medien einen Beitrag für die Allgemeinheit leisten. Ähnlich wie bei der Abstimmung um die Durchsetzungsinitiative stehen nach unseren Daten nun Akteure aus der «Zivilgesellschaft» resonanzmässig an der Spitze der Gegner. Sprich: Die Initiative mobilisiert Gegenkräfte aus breiten Teilen der Gesellschaft.
Aber es gibt zwei Probleme in der aktuellen Debatte: Erstens wird der gesellschaftliche Beitrag der Service-public-Medien verkürzt und oft nur am Zusammenhalt der vier Sprachregionen und an der Bedeutung für Randregionen festgemacht. Zweitens fehlen empirische Belege, die überprüfbar zeigen, welchen Beitrag Service-public-Medien für die Allgemeinheit tatsächlich leisten.
An diesen beiden blinden Flecken setzen wir an und fragen: Welche Leistungen genau erbringen Service-public-Medien für die Allgemeinheit? Und wie lässt sich das empirisch belegen? Wir stützen uns auf kommunikationswissenschaftliche empirische Studien, die in den letzten Jahren im In- und Ausland erschienen sind, und auf eine Übersicht zum Stand der Forschung, die ein Team an der Universität Oxford erarbeitet hat.
Um es vorwegzunehmen: Service-public-Medien machen uns messbar klüger. Und Service-public-Medien fördern das Vertrauen ins Mediensystem – und in die gesellschaftlichen Institutionen insgesamt. Davon profitieren letztlich alle: nicht nur die Viel- und die Gelegenheitsnutzer, sondern auch die Nichtnutzerinnen.
Politik mit weniger Spektakel
Beginnen wir mit den Leistungen für die Demokratie. Damit Medien ihrer demokratischen Aufgabe nachkommen, sollen sie Informationen so auswählen und aufbereiten, dass wir als Bürgerinnen und als Gesellschaft gemeinsam lernen und zu möglichst tragfähigen Lösungen kommen können. Zunächst heisst das, dass die Medien eine qualitativ gute Berichterstattung betreiben müssen. «Qualitativ gut» bedeutet aber nicht nur das Anbieten von relevanten Inhalten und den Verzicht auf Katzenvideos. «Qualitativ gut» heisst auch, dass Medien vielfältig berichten, dass sie Ereignisse einordnen und dass sie sachlich und fair Argumente abwägen.
Tun dies die Medien in der Schweiz? Und wenn ja, welche? Die empirischen Befunde des Medienqualitätsratings zeigen: Ja, Medien in der Schweiz bieten trotz wegschmelzender Ressourcen immer noch eine relativ gute Qualität. Und diese wird auch so vom Publikum wahrgenommen. Aber manche Medien tragen zu dieser Qualität deutlich mehr bei als andere. Im Vergleich verschiedener Medientypen schneidet gerade der öffentliche Rundfunk mit seinen Informationssendungen überdurchschnittlich ab. Ohne SRG würden Leuchttürme von Qualität wie das «Echo der Zeit» verschwinden. Es würde nicht nur ein sehr hochwertiger Teil des Mediensystems wegbrechen, sondern es würde auch die Qualität der anderen Anbieter leiden, weil Benchmarks verloren gingen, an denen sich auch die Privatmedien orientieren.
Die SRG ist mit ihren überdurchschnittlich guten Informationssendungen im Übrigen kein Sonderfall in der Welt. Service-public-Medien gehören in vielen westlichen Ländern zu denjenigen Anbietern, die eine besonders hohe Qualität gewährleisten. Das belegen zahlreiche Studien. Zwei aktuelle stellen wir kurz vor:
Letztes Jahr hat ein grosses internationales Team unter der Leitung des holländischen Kommunikationswissenschaftlers Claes de Vreese ein Buch veröffentlicht, das die Resultate zur Medienqualität in sechzehn Ländern bilanziert, darunter die Schweiz. Als einen der Hauptpunkte hält das Autorenteam fest: Der öffentliche Rundfunk leistet eine besonders gute Berichterstattung. Öffentliches Fernsehen vermittelt ähnlich wie Qualitätszeitungen signifikant mehr Hard News als kommerzielles Fernsehen. Öffentliches Fernsehen inszeniert im Vergleich zu privaten Medien die Politik auch viel seltener als Spektakel, das ständig Gewinner und Verlierer produziert. Die Studien belegen auch, dass in Ländern mit starkem öffentlichem Rundfunk der Anteil an Hard News generell höher ist, das heisst, auch in den privaten Medien. Service-public-Kulturen beeinflussen die Qualität des gesamten Mediensystems positiv.
Auch im Onlinebereich bieten Service-public-Anbieter besonders hohe Qualität. In einer Studie setzten sich Edda Humprecht und Frank Esser von der Universität Zürich mit rund 1700 Artikeln von fast 50 Newswebsites aus sechs verschiedenen Ländern auseinander (USA, Grossbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland und die Schweiz). Auch diese Untersuchung belegt, dass die demokratierelevante Berichterstattung auf Websites des öffentlichen Rundfunks besonders vielfältig ist, sogar noch vielfältiger als auf den Websites von Abonnementszeitungen. Nicht nur ranghohe Politikerinnen oder Staatsoberhäupter werden behandelt, sondern auch viele andere Akteure wie zum Beispiel Parlamentarier. Es werden verschiedene geografische Räume abgedeckt, und es gibt eine Vielfalt an Themen in der Lokal-, der Inland- und der Auslandsberichterstattung. In den USA, in denen Service-public-Medien kaum mehr eine Rolle spielen, ist im gesamten Mediensystem die Vielfalt hingegen besonders tief.
Cleverere Bürger, cleverere Bürgerinnen
Politisch relevant ist die Qualität der Medien nicht zuletzt im Hinblick auf die Frage, wie gut die Bürgerinnen, die diese Medien konsumieren, am Ende informiert sind. Machen Service-public-Medien die Menschen auch wirklich klüger? Die Antwort lautet: ja. Wer öffentliche Medien nutzt – oder nur schon in einer Medienumgebung mit starkem öffentlichem Rundfunk lebt –, hat ein höheres Wissen bei einer Vielzahl von gesellschaftspolitisch relevanten Themen. Diesen Zusammenhang konnte ein internationales Team um den englischen Forscher James Curran empirisch erhärten: Leute in Ländern mit Service-public-Kulturen (Dänemark und Finnland) schnitten bei politischen Wissensfragen besser ab als Leute in einem Land mit einem «dualen» Modell (Grossbritannien) und in einem Land mit einem Marktmodell (USA).
Ähnliche Befunde, und zwar auf einer noch besseren empirischen Datenbasis, zeigt eine Studie aus Schweden. Um zu prüfen, ob jemand von den Medien lernt, hat Jesper Strömbäck 2014 dieselben Personen zu verschiedenen Zeitpunkten befragt. Die Befragten hatten Fragen zu beantworten, deren Antworten sie mit grosser Wahrscheinlichkeit nur aus den Medien erhalten haben konnten. Zum Beispiel: Welche Partei hat in Indien vor einer Woche die Wahlen gewonnen? Welche schwedische Partei hat kürzlich vorgeschlagen, 20’000 Wohnungen für Studenten zu bauen? Oder, zufälligerweise, eine Frage mit einem Bezug zur Schweiz: Welches Land hat sich kürzlich dagegen entschieden, das schwedische Kampfflugzeug Gripen zu kaufen? Die Studienresultate sind eindeutig: Wer öffentliche Medien nutzt, kann solche Fragen besser beantworten. Das Lernen vom öffentlichen Rundfunk ist aber abhängig von der konkreten Sendung. Strömbäck hatte zwei verschiedene Newsprogramme des öffentlichen Senders berücksichtigt: Vom einen lernten die Leute nachweislich viel, vom anderen nur teilweise. Wer aber rein kommerzielles Privatfernsehen schaute, lernte signifikant weniger. Öffentliche Medien machen messbar klüger.
Das Schaffen von Vertrauen
Was aber ist der Beitrag von Service-public-Medien, wenn es nicht um Politik geht? Gesellschaft ist bekanntlich mehr als Politik. Hierzu gibt es weniger Untersuchungen, und der Befund ist nicht ganz so eindeutig. Aber auch auf diese Frage gibt es empirisch gestützte Antworten: Der öffentliche Rundfunk thematisiert erstens ein breiteres und vielfältigeres Spektrum der Gesellschaft als beispielsweise das kommerzielle Fernsehen und leistet so einen besonders wichtigen Beitrag zur Integration. Und zweitens: Das Vertrauen in einer Gesellschaft ist höher in Ländern mit starkem öffentlichem Rundfunk – das Vertrauen ineinander, ins Mediensystem und die gesellschaftlichen Institutionen insgesamt.
In ihrem Überblick der empirischen Forschung schreiben die bereits zitierten Forscher der Universität Oxford, dass Service-public-Medien ganz generell mit ihrem breiten Angebot verschiedene Bevölkerungsgruppen und Interessen abdecken und damit zur gesellschaftlichen Integration beitragen. Es gibt allerdings nur wenige empirische Studien, die sich konkret mit dieser gesellschaftlichen Leistung auseinandersetzen.
Hier liegt in der aktuellen Diskussion um No Billag eine weitere Blindstelle. Man spricht nämlich bloss über zwei der vielen möglichen Formen, wie gebührenunterstützte Medien die Gesellschaft integrieren. Der Beitrag zum Zusammenhalt wird verkürzt darauf, dass der öffentliche Rundfunk für ein Angebot in allen vier Sprachregionen und – zusammen mit gebührenfinanzierten Regionalmedien – in vernachlässigten Randregionen sorgt.
Das ist zwar unbestreitbar, aber die einseitige Fokussierung auf Sprache und Geografie greift zu kurz. Der öffentliche Rundfunk erbringt viel umfassendere gesellschaftliche Integrationsleistungen – und muss diese auch erbringen. Es gibt ja nicht nur sprachregionale Minderheiten und Bevölkerungsgruppen in abgelegenen Regionen. Der Rundfunk soll beispielsweise auch ältere Menschen in die Gesellschaft integrieren. Die Bedeutung öffentlicher Medien für diese Zielgruppe – Menschen über 65 machen ein Fünftel der Bevölkerung aus – geht angesichts der einseitigen medienpolitischen Fokussierung auf junge Zielgruppen fast komplett vergessen.
Ein Service für die «vielen Schweizen»
Service-public-Medien zeichnen sich generell dadurch aus, dass sie ein Programm für ganz unterschiedliche Gruppen und Identitäten bieten, sei es in Bezug auf Unterscheidungsmerkmale wie Geschlecht, Alter, Religion/Konfession, sei es in Bezug auf Merkmale wie Nationalität, Wohnort, Einkommen, Zivilstand etc. Der Historiker Thomas Maissen spricht zu Recht vom Beitrag des Service public für die «zahlreichen Schweizen». Man denke nur daran, dass der öffentliche Rundfunk Seh- und Hörbehinderten durch Untertitelungen und Angebote in Gebärdensprache den Medienkonsum erst möglich macht.
Wichtig für die gesellschaftliche Integration ist auch, dass das Medienangebot des Service public für verschiedene Generationen und generationenübergreifend produziert wird. Welche privaten Medien bieten beispielsweise gehaltvolle Sendungen für Kinder und Jugendliche an? Während die SRG ein laufend aktualisiertes Schulfernsehen produziert und auch Kindersendungen im Programm hat, haben etwa Zeitungen ihre Kinder- oder Jugendbeilagen mittlerweile wieder eingespart. Erinnert sich noch jemand an «Ernst» im «Tages-Anzeiger»?
Warum spricht niemand vom Ausland?
Viel zu wenig zur Sprache kommt das Thema Ausland in der No-Billag-Debatte. Dabei zeigt die Forschung auch hier, dass der öffentliche Rundfunk eine relevantere, vielfältigere, weniger emotionale Auslandsberichterstattung betreibt als das kommerzielle Fernsehen, besonders dann, wenn das öffentliche Fernsehen wenig auf Werbung angewiesen ist. Dies ist ein Ergebnis aus einem 17-Länder-Vergleich (inklusive der Schweiz) von einem Team um den israelischen Kommunikationswissenschaftler Akiba Cohen. Ein Beispiel: Beim öffentlichen Fernsehen stehen nicht nur wirtschaftliche Grossmächte wie die USA oder die Nachbarländer im Rampenlicht, sondern immer wieder auch andere Länder. Dass auch in der Schweiz die SRG nach den Messungen der Jahrbücher «Qualität der Medien» mit ihren Newssendungen, und dies vor allem im Radiobereich, nachweislich viel beiträgt zu einer qualitativ guten Auslandsberichterstattung (hier ein Beispiel für eine Themenagenda), wird in der Diskussion fast komplett ausgeblendet.
Verblüffend ist auch, dass in der aktuellen Debatte nie erwähnt wird, dass sich in Genf der Hauptsitz der European Broadcasting Union (EBU) befindet, des Zusammenschlusses von 73 öffentlichen Sendern aus 53 Ländern. Die Schweiz ist damit durch die SRG in die internationale Fernseh- und Radiolandschaft eingebunden und kann von diesem Netzwerk profitieren. Die EBU bietet über ihr Eurovision-Netzwerk einen Austausch von Nachrichtenmaterial, das gemeinsame Einkaufen von Sportrechten und die Ausstrahlung des von manchen gehassten, von manchen geliebten «Eurovision Song Contest». Zudem produzieren die Mitglieder gemeinsam länderübergreifende Dokumentationen, zum Beispiel eine Serie, in der verschiedene Jugendliche in eigenen Worten erzählen, wie sie in ihrem Leben eine für sie schwierige Herausforderung gemeistert haben.
All dies würde bei einer Annahme von No Billag wegfallen, da eine Mitgliedschaft bei der EBU nur öffentlichen Rundfunksendern offensteht. Es ist leider bezeichnend, dass die Auslandsdimension weder bei den Befürwortern noch den Gegnern von No Billag eine Rolle spielt. Nicht zum ersten Mal ist ein Abstimmungskampf in der Schweiz über weite Strecken eine Nabelschaudebatte, in der globale Entwicklungen und die internationalen Beziehungen kaum Beachtung finden.
Kein Links-rechts-Graben im Publikum
Aber vertrauen die Leute überhaupt den öffentlichen Medien? Viel zu wenig Platz in der Diskussion findet die Tatsache, dass die SRG gemäss Befragungsdaten – etwa vom Institut für angewandte Kommunikationsforschung (IaKom) – besonders gute Noten erhält vom Publikum. Dass sie über verschiedene Bevölkerungsgruppen hinweg genutzt wird. Und dass ihr viel Vertrauen geschenkt wird. Dies zeigt sich nur schon daran, dass sowohl «Linke» als auch «Rechte» als auch diejenigen, die sich der «Mitte» zugehörig fühlen, Sendungen der SRG häufig nutzen. Unsere Auswertungen einer Befragung, die im Kontext des «Reuters Digital News Report» durchgeführt wurde, zeigen: Newssendungen der SRG haben ein Publikum, das in politischer Hinsicht genau dem Durchschnitt der Schweizer Bevölkerung entspricht. Es gibt also keinen Hinweis darauf, dass die Zuschauerinnen die SRG als politisch einseitig empfinden.
Nicht nur wird Service-public-Medien besonders stark vertraut. Sie fördern auch das Vertrauen in der Gesellschaft insgesamt. Auch das halten die Forscher der Uni Oxford in ihrer Übersicht fest. In Ländern mit einem starken öffentlichen Rundfunk ist das Vertrauen höher, sowohl zwischen den Menschen als auch in die gesellschaftlichen und staatstragenden Institutionen. Auch das Vertrauen ins Mediensystem wird positiv beeinflusst: Das Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) an der Uni Zürich hat eine Regressionsanalyse von Befragungsdaten aus dreizehn europäischen Ländern durchgeführt. Diese Studie ergibt, dass diejenigen Personen, die regelmässig professionelle Informationsmedien nutzen, ein grösseres Vertrauen ins Mediensystem entwickeln. Ein besonders hohes Vertrauen ins Mediensystem entwickeln Personen, die häufiger Nachrichten des öffentlichen Rundfunks nutzen. Der Befund bestätigt sich sowohl im internationalen Vergleich als auch in der Schweiz.
Öffentliche Medien stärken private Medien
Das Vertrauen in die Medien ist nicht nur wichtig für die Politik und das gesellschaftliche Zusammenleben. Es zahlt sich auch wirtschaftlich aus. Auch das ist ein Ergebnis unserer Regressionsanalyse. Ein positives Mediensystemvertrauen korreliert mit der Bereitschaft der Nutzer, für News zu bezahlen oder Werbung zu akzeptieren, also keine «Werbeblocker»-Software einzusetzen. Weil das Vertrauen durch die Nutzung von Service-public-Medien gefördert wird, lässt sich schliessen: Der öffentliche Rundfunk stärkt das ganze Mediensystem und damit auch die privaten Medien.
Richard Fletcher und Rasmus Kleis Nielsen von der Universität Oxford hatten mit einer ähnlichen Analyse in sechs Ländern die Frage gestellt, wie die Mediennutzung die Zahlungsbereitschaft im Onlinebereich beeinflusst. Das Ergebnis: Online herrscht eine ausgeprägte «Gratismentalität». Diese Gratiskultur wird aber abgeschwächt, wenn die Leute ein klassisches Printabonnement haben oder wenn sie Onlinenachrichten des öffentlichen Rundfunks nutzen. Kurz: Die tiefe Zahlungsbereitschaft im Onlinebereich liegt nachweislich nicht am öffentlichen Rundfunk.
Auch ausserhalb des Mediensystems erzeugen Service-public-Anbieter wirtschaftlichen Mehrwert. Warum? Wir sehen das in einer Studie, in der die Wirtschaftsberichterstattung in Beziehung gesetzt wird zur medienvermittelten Reputation der Unternehmen. Grössere Abonnementszeitungen und der öffentliche Rundfunk berichten gehaltvoller, sachlicher und vielfältiger über die Wirtschaft als andere Anbieter. Die medienvermittelte Reputation der Unternehmen unterliegt in diesen Medien deshalb geringeren Schwankungen. Konzerne und ihre CEOs werden weniger oft hochgeschrieben und weniger schnell wieder vom medialen Thron gestürzt. Wer eine qualitativ bessere Wirtschaftsberichterstattung nutzt, hat zudem einen besseren wirtschaftlichen Kenntnisstand. Unternehmen haben daher ein objektives Interesse an Qualitätsjournalismus. Eine Schwächung von Service-public-Medien, die zu einer gehaltvollen Wirtschaftsberichterstattung beitragen, stellt eine Schwächung der Wirtschaft dar.
Fazit
Service-public-Medien bieten eine kommunikative Infrastruktur, von der wir alle profitieren – egal, ob wir das Medienangebot häufig, ab und zu oder gar nicht nutzen. Denn Service-public-Medien bieten in vielerlei Hinsicht einen messbaren Mehrwert für die ganze Gesellschaft. Das lernen wir aus den empirischen Studien. Eine Annahme der No-Billag-Initiative würde nicht nur das Mediensystem schwächen, sondern die Gesellschaft insgesamt.
Auf die Frage «Warum soll ich für etwas bezahlen, was ich nicht nutze?» lässt sich eine klare Antwort geben: weil es Ihnen trotzdem nützt.
Mark Eisenegger ist Professor, Linards Udris Oberassistent am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung (IKMZ) der Universität Zürich. Beide Autoren sind zudem in leitender Stellung am fög tätig – dem Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich.
Für Tweets: @foegUZH, @uzh_ikmz, @Mark_Eisenegger, @LinardsUdris.